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II. Grundzüge des Entwurfs

1. Allgemeines

Das Urheberrecht, das im Ersten Teil des Entwurfs geregelt ist, umfaßt eine Summe einzelner Befugnisse, die teils dem Schutz der Vermögensinteressen des Urhebers dienen (Verwertungsrechte), teils dem Schutz der geistigen und persönlichen Beziehungen des Urhebers zu seinem Werk (Urheberpersönlichkeitsrecht oder droit moral).

a) Die Verwertungsrechte des Urhebers an seinem Werk sind in der Regel als ausschließliche Rechte zur Nutzung des Werkes ausgestaltet, die es dem Urheber ermöglichen, jedem anderen, der nicht zuvor seine Erlaubnis zur Nutzung eingeholt und die hierfür geforderte Vergütung gezahlt hat, die Werknutzung zu verbieten. Wer ohne Erlaubnis des Urhebers das Werk auf eine dem Urheber vorbehaltene Art verwertet, verletzt das ausschließliche Recht des Urhebers und macht sich, wenn er schuldhaft handelt, schadenersatzpflichtig und bei vorsätzlichem Handeln auch strafbar.

Dieses der Ausgestaltung des Eigentumsrechts an körperlichen Sachen entsprechende System der ausschließlichen Verwertungsrechte ist für das gesamte Rechtsgebiet der sog. Immaterialgüterrechte, zu denen neben dem Urheberrecht z. B. das Patentrecht, das Warenzeichenrecht und das Geschmacksmusterrecht gehören, typisch und wird auch von allen ausländischen Rechtsordnungen angewandt, die einen Schutz von Geistesgütern kennen. Während jedoch bei den meisten anderen Immaterialgüterrechten wie beim Sacheigentum der Gedanke im Vordergrund steht, das ausschließliche Recht als solches auszuüben, d. h. die Nutzung des Schutzobjekts (der Erfindung, des Warenzeichens oder des Geschmacksmusters) einer einzelnen Person oder wenigen Personen ausschließlich vorzubehalten, ist der Urheber meist gerade an einer möglichst weiten Verbreitung seines Werkes, an der Nutzung durch möglichst viele Personen interessiert. Sinn des Urheberrechts ist es daher nicht so sehr, von der Nutzung des Werkes auszuschließen; es soll vielmehr in erster Linie dem Urheber die rechtliche Grundlage dafür geben, Art und Umfang der Nutzung seines Werkes zu überwachen und diese von der Zahlung einer Vergütung abhängig zu machen. Dementsprechend ist es ein Grundsatz des Urheberrechts, die ausschließlichen Befugnisse des Urhebers so umfassend zu gestalten, daß möglichst jede Art der Nutzung seines Werkes seiner Kontrolle unterliegt.

Hieraus erklärt es sich, daß auch bei einer mehrfachen Nutzung eines Werkes jeder einzelne Nutzungsvorgang der erneuten Zustimmung des Urhebers bedarf. Hat beispielsweise der Urheber einem Verleger gestattet, sein Werk zu drucken und die Druckexemplare in den Handel zu bringen, so ist darin nicht die Erlaubnis eingeschlossen, die Exemplare zu öffentlichen Vorträgen oder Aufführungen des Werkes oder zur Sendung des Werkes im Rundfunk zu benutzen. Wer also aus einem Buch öffentlich vorlesen oder ein Musikstück im Rundfunk senden will, bedarf hierzu einer besonderen Erlaubnis des Urhebers, auch wenn er das Buch oder die Noten rechtmäßig gegen Zahlung des Kaufpreises erworben hat. Ebenso darf eine Schallplatte, für deren Herstellung der Urheber von der Schallplattenfirma ordnungsmäßig eine Lizenzgebühr erhalten hat, nicht ohne erneute Erlaubnis des Urhebers zu einer öffentlichen Wiedergabe des Werkes, z. B. in einem Tanzlokal, benutzt werden. Ferner ist die öffentliche Wiedergabe von Rundfunkmusik in einer Gaststätte nur mit Erlaubnis der Urheber der gesendeten Werke zulässig, auch wenn diese dem Rundfunkunternehmen die Sendeerlaubnis erteilt haben. Nur durch eine solche Erfassung jedes einzelnen Verwertungsaktes wird es möglich, dem Urheber ein dem Wert seiner schöpferischen Leistung angemessenes Entgelt zu sichern.

Die Verwertungsrechte des Urhebers beziehen sich allerdings nur auf die Nutzung des Werkes durch aktiven Gebrauch des Werkes, sei es zur Herstellung von Vervielfältigungsstücken, sei es zur Vermittlung des geistigen Gehalts des Werkes an andere Personen durch Inverkehrbringen der Vervielfältigungsstücke oder durch unkörperliche Wiedergabe des Werkes wie Vortrag, Aufführung, Vorführung oder Sendung im Rundfunk. Der rezeptive Genuß des Werkes durch Lesen, Hören oder Anschauen ist dem Recht des Urhebers nicht unterworfen; hierzu bedarf es niemals seiner Erlaubnis. Darüber hinaus unterliegen die auf den aktiven Gebrauch des Werkes bezogenen Verwertungsrechte in verschiedener Hinsicht Beschränkungen im Interesse der Allgemeinheit, insbesondere ist die unkörperliche Wiedergabe des Werkes dem Urheber nur insoweit vorbehalten, als sie öffentlich geschieht; nur der öffentliche Vortrag, die öffentliche Aufführung oder Vorführung des Werkes bedarf der Erlaubnis des Urhebers, die Wiedergabe eines Werkes im Familien- oder Freundeskreise ist frei.

b) Die persönlichkeitsrechtlichen Befugnisse des Urhebers, z. B. das Recht, Entstellungen seines Werkes zu verbieten, sind ebenfalls wie die Verwertungsrechte als absolute gegen jeden Dritten wirkende Befugnisse ausgestaltet. Sie weisen die Besonderheit auf, daß sie auch gegenüber denjenigen Personen geltend gemacht werden können, denen der Urheber die Nutzung seines Werkes gestattet hat: Der Herausgeber einer Zeitung beispielsweise darf einen vom Urheber zum Abdruck in der Zeitung eingesandten Artikel, auch wenn Änderungen und Kürzungen des Artikels aus redaktionellen Gründen gestattet sein sollten, niemals in einer Weise ändern, daß berechtigte geistige oder persönliche Interessen des Urhebers verletzt werden.