mobiles Menü Institut für Urheber- und Medienrecht

DRITTER ABSCHNITT
Zwangsvollstreckung

(Anm. d. Red.: Entspricht §§ 112 - 119 der endgültigen Gesetzesfassung).

1. Allgemeines

Zu § 122

Die geltenden Urheberrechtsgesetze (§ 10 LUG, § 14 KUG) lassen die Zwangsvollstreckung in das Recht des Urhebers und, soweit es sich um Werke der Literatur oder der Musik handelt, in das Original seines Werkes (Originalhandschrift) gegen den Urheber selbst nur mit dessen Einwilligung zu; gegen den Erben des Urhebers kann die Zwangsvollstreckung durchgeführt werden, wenn der Erbe einwilligt oder wenn das Werk bereits erschienen ist. Der Entwurf enthält entsprechende Schutzbestimmungen zugunsten des Urhebers und seiner Rechtsnachfolger für die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen (§§ 123 bis 129). Im übrigen soll sich nach § 122 die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung nach den allgemeinen Bestimmungen, d. h. nach den Vorschriften der Zivilprozeßordnung, richten. Danach kann das Urheberrecht als solches nicht Gegenstand der Zwangsvollstreckung sein, weil es nicht übertragbar ist (vgl. § 857 Abs. 3 ZPO). Auch die aus dem droit moral erwachsenden einzelnen Rechte des Urhebers sind der Zwangsvollstreckung entzogen, weil sie als höchstpersönliche Rechte nicht abgetreten werden können.

Ferner ergibt sich aus der Anwendbarkeit der allgemeinen Bestimmungen, daß die Zwangsvollstreckung in Nutzungsrechte, die der Urheber Dritten eingeräumt hat, grundsätzlich zulässig ist. Die Nutzungsrechte können unbeschränkt gepfändet werden. Ihre Verwertung ist allerdings dadurch beschränkt, daß ihre Übertragung auf den pfändenden Gläubiger oder Dritte nach § 34 an die Zustimmung des Urhebers gebunden ist, soweit die Anwendbarkeit dieser Bestimmung nicht ausgeschlossen ist (vgl. § 100). Ohne Einschränkung unterliegen der Zwangsvollstreckung Originale, die der Urheber oder sein Rechtsnachfolger an Dritte veräußert hat.

Da sich die Sondervorschriften der §§ 123 bis 129 nur auf Zwangsvollstreckungen wegen Geldforderungen beziehen, ist auch die Zwangsvollstreckung gegen den Urheber selbst und seine Rechtsnachfolger nach den allgemeinen Vorschriften unbeschränkt zulässig, soweit ein rechtskräftig festgestellter Anspruch auf Einräumung eines Nutzungsrechts oder auf Herausgabe eines Originals vollstreckt werden soll.

Von der Zwangsvollstreckung in Nutzungsrechte ist die Zwangsvollstreckung zu unterscheiden, die in Geldforderungen vorgenommen wird, die dem Urheber aus der Verwertung seines Werkes entstanden sind. Die Zwangsvollstreckung in die bezeichneten Forderungsrechte, beispielsweise in den Anspruch auf Zahlung der Vergütung für die Einräumung eines Nutzungsrechts, soll wie nach geltendem Recht keiner Beschränkung unterliegen. Das gleiche gilt für die Zwangsvollstreckung in Vervielfältigungsstücke von Werken aller Art.

2. Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen gegen den Urheber

Zu § 123 - Urheberrecht

Entsprechend dem geltenden Recht (§ 10 Satz 1 LUG, § 14 Abs. 1 KUG) ist gegen den Urheber die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in das Urheberrecht nur mit seiner Einwilligung zulässig. Gegenüber dem bisherigen Rechtszustand enthält § 123 Satz 1 die weitere Einschränkung, daß die Zwangsvollstreckung nur insoweit zulässig ist, als der Urheber Nutzungsrechte einräumen kann. Im Hinblick auf § 31 Abs. 4 ist die Vollstreckung daher auf die zur Zeit bekannten Nutzungsarten begrenzt.

Die Bestimmung in Satz 2, daß die Einwilligung des Urhebers zur Zwangsvollstreckung nicht durch den gesetzlichen Vertreter erteilt werden kann, entspricht § 10 Satz 1 LUG und § 14 Abs. 1 KUG.

Zu § 124 - Originale von Werken

Ebenfalls in Anlehnung an § 10 Satz 1 LUG bestimmt Absatz 1, daß die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen gegen den Urheber auch in die ihm gehörenden Originale seiner Werke nur mit seiner Einwilligung zulässig ist und daß die Einwilligung nicht durch den gesetzlichen Vertreter erteilt werden kann. Der Entwurf enthält insoweit eine Erweiterung des geltenden Rechts, als Absatz 1 nicht nur die Originale von Werken der Literatur und Tonkunst betrifft, sondern auch die Originale sonstiger Werke, sofern es sich nicht um Bauwerke oder bereits veröffentlichte Werke handelt (vgl. Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 und 3). Die Einschränkung der Zwangsvollstreckung in Originale nicht veröffentlichter Werke der bildenden Künste - mit Ausnahme der Werke der Baukunst - soll zugunsten des Urhebers verhindern, daß Werke, die noch nicht vollendet sind oder die er nicht veröffentlichen will, dem Zugriff der Gläubiger preisgegeben und öffentlich versteigert werden. Hat jedoch der Urheber das Original veräußert oder das Werk veröffentlicht, so entfällt dieses Schutzbedürfnis, weil sich der Urheber dadurch zu seinem Werk bekannt hat.

Eine geringe Abweichung vom geltenden Recht bringt Absatz 2 Satz 1 Nr. 1, der allgemein die Zwangsvollstreckung in das Original auch gegen den Willen des Urhebers für zulässig erklärt, soweit sie zur Durchführung der Zwangsvollstreckung in ein Nutzungsrecht am Werk notwendig ist. Hat z. B. der betreibende Gläubiger die Zwangsvollstreckung mit Einwilligung des Urhebers in das Nutzungsrecht zur Vervielfältigung des Werkes erwirkt, so muß er auch die Benutzung der dem Urheber gehörigen Handschrift erzwingen können, soweit dies notwendig ist, um das Werk zu vervielfältigen.

In Absatz 2 Satz 2 ist klargestellt, daß in den Fällen der Zwangsvollstreckung nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 2 und 3 das Original des Werkes ohne Zustimmung des Urhebers verbreitet werden darf. Die gepfändeten Originale dürfen also veräußert werden.

3. Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen gegen den Rechtsnachfolger des Urhebers

Zu § 125 - Urheberrecht

§ 125 beschränkt gegen den Rechtsnachfolger des Urhebers (§ 30) die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in das Urheberrecht in entsprechender Weise wie die Zwangsvollstreckung gegen den Urheber selbst, jedoch mit dem Unterschied, daß es seiner Einwilligung zur Zwangsvollstreckung nicht bedarf, wenn das Werk erschienen ist. Dies entspricht dem geltenden Recht (§ 10 Satz 2 LUG, § 14 Abs. 2 KUG).

Es ist angeregt worden, die Zwangsvollstreckung gegen den Rechtsnachfolger des Urhebers darüber hinaus nur dann von seiner Einwilligung abhängig zu machen, wenn sie seine berechtigten Interessen verletzen würde. Der Entwurf folgt dieser Anregung nicht, weil die berechtigten Interessen des Rechtsnachfolgers keinen geeigneten Maßstab für die Beschränkung der Zwangsvollstreckung abgeben. Diese Beschränkung rechtfertigt sich vielmehr allein aus dem vom Rechtsnachfolger wahrgenommenen persönlichkeitsrechtlichen Interesse des Urhebers, unfertige oder sonst nicht für die Öffentlichkeit bestimmte Werke dieser nicht zugänglich zu machen. Ob jedoch ein Werk nach Auffassung des Urhebers zur Veröffentlichung geeignet ist, läßt sich nach dessen Tode kaum jemals eindeutig klären. Es ist daher im Interesse der Rechtssicherheit geboten, die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung gegen den Rechtsnachfolger des Urhebers allein von leicht feststellbaren Tatsachen wie dem Erscheinen des Werkes abhängig zu machen.

§ 125 enthält insofern eine Erweiterung gegenüber dem geltenden Recht, als er den Schutz gegen die Zwangsvollstreckung nicht nur den Erben des Urhebers, sondern auch seinen sonstigen Rechtsnachfolgern im Sinne des § 30 (Vermächtnisnehmer) zubilligt. Diese Erweiterung ist geboten, weil der Entwurf auch sonst zwischen den Erben und dem Vermächtnisnehmer nicht unterscheidet.

Zu § 126 - Originale von Werken

Absatz 1 macht die Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen gegen den Rechtsnachfolger des Urhebers (§ 30) in die ihm gehörenden Originale von Werken des Urhebers gleichfalls von seiner Einwilligung abhängig. Die Einwilligung soll jedoch nach Absatz 2 abgesehen von den in § 124 Abs. 2 genannten Fällen dann nicht erforderlich sein, wenn es sich um Originale eines bereits erschienenen Werkes handelt. Dies entspricht für Werke der Literatur und der Musik dem geltenden Recht (§ 10 Satz 2 LUG). Die Tatsache, daß ein Original auch nach Erscheinen des Werkes für die Erben des Urhebers einen Erinnerungswert haben kann, rechtfertigt keine andere Regelung, da die verschuldeten Erben sich auch von anderen wertvollen Andenken an den Urheber trennen müssen.

Es ist vorgeschlagen worden, die Zwangsvollstreckung auch in das Original eines noch nicht erschienenen, aber veröffentlichten Werkes sowie in das Original eines unveröffentlichten Werkes der bildenden Künste ohne Einwilligung des Rechtsnachfolgers zuzulassen, sofern nicht der Rechtsnachfolger ein berechtigtes Interesse an dem Unterbleiben der Zwangsvollstreckung hat. Der Entwurf sieht von einer solchen Erweiterung der Ausnahmen in Absatz 2 ab, weil aus den zu §125 genannten Gründen das berechtigte Interesse des Rechtsnachfolgers keinen geeigneten Maßstab dafür bietet, ob die Zwangsvollstreckung ohne seine Einwilligung zulässig sein soll.

Zu § 127 - Testamentsvollstrecker

§ 127 gewährt für den Fall, daß ein Testamentsvollstrecker eingesetzt ist, diesem das Einwilligungsrecht nach den §§ 125 und 126.

4. Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen gegen den Verfasser wissenschaftlicher Ausgaben und gegen den Lichtbildner

Zu § 128

Nach § 128 sollen auch der Verfasser von wissenschaftlichen Ausgaben (§ 80) und der Lichtbildner (§ 82) sowie deren Rechtsnachfolger in gleicher Weise wie der Urheber und seine Rechtsnachfolger gegen Zwangsvollstreckungen geschützt sein. Es handelt sich hierbei um Inhaber solcher verwandter Schutzrechte, für die auch diejenigen Bestimmungen des Ersten Teils zur Anwendung kommen, die aus dem Urheberpersönlichkeitsrecht erwachsen, welches Grundlage auch für die Beschränkung der Zwangsvollstreckung ist.

5. Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in bestimmte Vorrichtungen

Zu § 129

Nach geltendem Recht (§ 14 Abs. 3 KUG) ist die Zwangsvollstreckung in solche Formen, Platten, Steine oder sonstige Vorrichtungen eingeschränkt, die ausschließlich zur Vervielfältigung eines Werkes der bildenden Künste bestimmt sind. Diese Vorrichtungen stellen gleichsam ein Zubehör der Nutzungsrechte dar, zu deren Ausübung sie geschaffen wurden. Der bestimmungsmäßige Gebrauch solcher Vorrichtungen durch Personen, die nicht zur Ausübung der in Betracht kommenden Nutzungsrechte berechtigt sind, würde eine Urheberrechtsverletzung darstellen. Die Verwertung solcher Vorrichtungen zur Befriedigung von Geldforderungen müßte sich daher auf eine Verwertung des Stoffes beschränken, aus dem sie bestehen. Das wäre eine unwirtschaftliche Maßnahme, da der Stoffwert gegenüber der Bedeutung, die den Vorrichtungen wegen der darin verkörperten Arbeit und für die Ausübung urheberrechtlicher Befugnisse zukommt, völlig in den Hintergrund tritt.

Der Entwurf erhält diese Regelung aufrecht, sieht jedoch in Absatz 1 eine Ausnahme für den Fall vor, daß der Gläubiger zur Nutzung des Werkes mittels dieser Vorrichtungen berechtigt ist, etwa aufgrund eines eigenen, vom Urheber vertraglich erworbenen Vervielfältigungs- und Verbreitungsrechts. In diesem Fall werden die Vorrichtungen durch die Zwangsvollstreckung nicht ihrem bestimmungsmäßigen Gebrauch entzogen. Der Entwurf geht hingegen insofern über das geltende Recht hinaus, als er die Regelung nicht auf Vorrichtungen zur Vervielfältigung von Werken der bildenden Künste beschränkt, sondern auch die Vorrichtungen zur Vervielfältigung sonstiger Werke erfaßt, wie beispielsweise den Stehsatz eines literarischen Werkes, die Schallplattenmatrizen eines Werkes der Tonkunst oder das Filmnegativ, weil hier die gleichen Erwägungen maßgebend sind wie für Werke der bildenden Künste.

Der Entwurf erstreckt die vorstehend geschilderte Regelung ferner auf Vorrichtungen, die ausschließlich zur Funksendung eines urheberrechtlich geschützten Werkes (vgl. Absatz 1) oder zur Vorführung eines urheberrechtlich geschützten Filmwerkes (Absatz 2) bestimmt sind.

Absatz 3 bringt entsprechende Einschränkungen der Zwangsvollstreckung für die nach § 80 geschützten wissenschaftlichen Ausgaben, die nach § 81 geschützten Ausgaben nachgelassener Werke, die nach § 82 geschützten Lichtbilder und die nach § 85 Satz 2, §§ 95, 97, 104 und 105 geschützten Bild- und Tonträger. Auch in diesen Fällen kann der Vollstreckungsgläubiger, wenn er die entsprechenden Verwertungsrechte nicht besitzt, die Vorrichtungen zur Vervielfältigung, Vorführung oder Funksendung nicht verwenden, ohne die betreffenden Schutzrechte zu verletzen. Sie haben für ihn gleichfalls nur den Stoffwert.

S. Gesetzeswortlaut des dritten Abschnitts.