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Deutscher Bundestag, 13. Wahlperiode

Drucksache 13/9856, 11.02.1998

Beschlußempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses (6. Ausschuß) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksache 13/4796 - Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes

A. Problem

Die Richtlinie 93/83/EWG des Rates vom 27. September 1993 zur Koordinierung bestimmter urheber- und leistungsschutzrechtlicher Vorschriften betreffend Satellitenrundfunk und Kabelweiterverbreitung ist umzusetzen.

B. Lösung

Für Satellitensendungen wird durch eine Präzisierung der urheberrechtlich maßgebenden Sendeaktivität und durch Festlegung des Ortes, an dem die Aktivität stattfindet, erreicht, daß bei grenzüberschreitenden Sendevorgängen nur eine der beteiligten Rechtsordnungen gilt. Zur Erleichterung des Erwerbs der Rechte zur zeitgleichen Weitersendung durch Kabelsysteme wird eine Kanalisierung des dafür erforderlichen Rechteerwerbs durch Festlegung der Verwertungsgesellschaftspflichtigkeit vorgesehen. Über das von der Richtlinie unmittelbar Geforderte hinaus wird ein unverzichtbarer Anspruch auf Vergütung im Falle der Kabelweitersendung garantiert, der vom Kabelunternehmen zu erfüllen ist.

Einstimmigkeit im Ausschuß

C. Alternativen

Keine

D. Kosten

Keine

Beschlußempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen, den Gesetzentwurf -- Drucksache 13/4796 -- mit folgenden Maßgaben, ansonsten unverändert, anzunehmen:

1. In Artikel 1 Nr. 2 werden dem § 20 b Abs. 2 folgende Sätze angefügt:

"Er kann im voraus nur an eine Verwertungsgesellschaft abgetreten und nur durch eine solche geltend gemacht werden. Diese Regelung steht Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen von Sendeunternehmen nicht entgegen, soweit dadurch dem Urheber eine angemessene Vergütung für jede Kabelweitersendung eingeräumt wird."

2. Artikel 1 Nr. 5 wird wie folgt gefaßt: "5. In § 94 Abs. 4 wird die Angabe "§ 27 Abs. 2 und 3" durch die Angabe "§§ 20 b, 27 Abs. 2 und 3" ersetzt.

3. Artikel 1 Nr. 6 wird wie folgt geändert: a) In der Überschrift wird die Angabe "§ 137 g" durch die Angabe "§ 137 h" ersetzt.

b) Nach § 137 h Abs. 2 wird folgender Absatz 3 angefügt:

"(3) Die Vorschrift des § 20 b Abs. 2 ist nur anzuwenden, sofern der Vertrag über die Einräumung des Kabelweitersenderechts nach dem ... (Einsetzen: Datum des Inkrafttretens dieses Gesetzes) geschlossen wurde."

Bonn, den 11. Februar 1998

Der Rechtsausschuß

Horst Eylmann Norbert Rättgen Ludwig Stiegler Detlef Kleinert (Hannover)

Vorsitzender Berichterstatter Berichterstatter Berichterstatter

Bericht der Abgeordneten Norbert Rättgen, Ludwig Stiegler und Detlef Kleinert (Hannover)

I. Zum Beratungsverfahren

Der Deutsche Bundestag hat den Gesetzentwurf – Drucksache 13/4796 – in seiner 116. Sitzung vom 27. Juni 1996 in erster Lesung beraten und zur federführenden Beratung an den Rechtsausschuß und zur Mitberatung an den Ausschuß für Wirtschaft und an den Ausschuß für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung überwiesen. Der Ausschuß für Wirtschaft hat die Vorlage in seiner Sitzung vom 4. Februar 1998 beraten und empfiehlt einstimmig, den Gesetzentwurf mit folgender von den Koalitionsfraktionen vorgeschlagenen Änderung anzunehmen: "Ergänzung des § 20 b Abs. 2 UrhG in der Fassung des Beschlusses des Rechtsausschusses, ergänzt um den dortigen Satz 3: "Diese Regelung steht Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen von Sendeunternehmen nicht entgegen, soweit dadurch dem Urheber eine gesonderte angemessene Vergütung für jede Kabelweitersendung eingeräumt wird." Der Beschluß wurde mit den Stimmen der Mitglieder der Fraktionen CDU/CSU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und F.D.P. bei Abwesenheit der Gruppe der PDS gefaßt. Der Ausschuß für Bildung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Technikfolgenabschätzung hat den Gesetzentwurf in seiner Sitzung vom 13. November 1996 beraten und mit den Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. bei Enthaltung seitens der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Gruppe der PDS beschlossen, die Annahme des Gesetzentwurfs zu empfehlen. Der Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau hat sich in seiner 69. Sitzung vom 4. Februar 1998 gutachtlich mit dem Gesetzentwurf befaßt und die Annahme der Vorlage empfohlen. Er hat seine Beratungen auf die Frage der urheberrechtlichen Behandlung von Gemeinschaftsantennenanlagen konzentriert und mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Gruppe der PDS empfohlen, zu der Frage, wann auch bei einer Gemeinschaftsantennenanlage, die mehr als ein Gebäude umfaßt, von einer auf nachbarschaftliche Verhältnisse beschränkten Anlage ausgegangen werden kann, folgenden Satz in den Bericht des Rechtsausschusses aufzunehmen: "Ein nachbarschaftliches Verhältnis ist auch dann anzunehmen, wenn in verschiedenen Gebäuden befindliche Wohnungen an die Gemeinschaftsantennenanlage angeschlossen sind; dabei müssen diese Gebäude in enger räumlicher Nähe zueinander liegen und einer gemeinsamen Verwaltung unterliegen." Ein Alternativantrag der Fraktion der SPD zu dieser Problematik wurde mit dem gleichen Stimmenverhältnis abgelehnt. Der Rechtsausschuß hat die Vorlage in seiner 69. Sitzung vom 11. Dezember 1996, seiner 106. Sitzung vom 14. Januar 1998, seiner 108. Sitzung vom 4. Februar 1998 sowie seiner 110. Sitzung vom 11. Februar 1998 beraten. Er hat den Gesetzentwurf mit den beschlossenen Änderungen einstimmig zur Annahme empfohlen. Der Beschluß zu § 20 b Abs. 2 Satz 4 UrhG wurde bei Stimmenthaltung seitens eines Mitglieds der Fraktion der CDU/CSU sowie der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Gruppe der PDS, der Beschluß zum Gesetzentwurf insgesamt bei Stimmenthaltung seitens der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Gruppe der PDS gefaßt.

II. Zur Begründung der Beschlußempfehlung

1. Allgemeines

Die vorgeschlagenen Änderungen, insbesondere die Stärkung der Rechte der Autoren gegenüber den Produzenten durch die Ergänzung des § 20 b Abs. 2 UrhG, wurden von den Sprechern aller Fraktionen einhellig begrüßt. Der Rechtsausschuß hat im Laufe seiner Beratungen speziell die Frage der urheberrechtlichen Behandlung von Gemeinschaftsantennenanlagen geprüft. Er ist der Auffassung, daß der Betrieb von Gemeinschaftsantennenanlagen im nachfolgenden Rahmen erlaubnis- und vergütungsfrei mäglich sein muß. Eine ausdrückliche gesetzliche Freistellungsregelung wird allerdings nicht für erforderlich gehalten. Der Rechtsausschuß geht vielmehr davon aus, daß ein im Sinne von § 20 des UrhG relevanter Akt der (Weiter-)Sendung durch Kabelfunk dann nicht vorliegt, wenn ein gesendetes Werk innerhalb einer Gemeinschaftsantennenanlage zeitgleich, unverändert und vollständig weiterübertragen wird. In Übereinstimmung mit den von der WIPO und UNESCO erarbeiteten "annotated principles" zu Artikel 11bis der Revidierten Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst kann dies allerdings nur für eine auf nachbarschaftliche Verhältnisse beschränkte Gemeinschaftsantennenanlage gelten. Ein solches nachbarschaftliches Verhältnis liegt insbesondere dann vor, wenn die Gemeinschaftsantenne der Versorgung eines einzelnen Gebäudes (unabhängig von der Zahl der angeschlossenen Wohnungen, Gebäudeeingänge, Treppenhäuser etc.) dient. Ein nachbarschaftliches Verhältnis ist ferner dann anzunehmen, wenn in verschiedenen Gebäuden befindliche Wohnungen an die Gemeinschaftsantenne angeschlossen sind; dabei müssen diese Gebäude jedoch in enger räumlicher Nähe zueinander liegen. Die Zahl der angeschlossenen Wohnungen muß sich dabei im Rahmen der oben entwickelten Grenzen halten.

2. Zu den einzelnen Änderungen

Zu Artikel 1 (Änderung des Urheberrechtsgesetzes – UrhG)

Zu Nummer 2 (§ 20 b Abs. 2)

Der Rechtsausschuß hat § 20 b Abs. 2 in der Fassung des Regierungsentwurfs um eine Regelung ergänzt, nach der der gesetzliche Vergütungsanspruch des Rechteinhabers gegen das Kabelunternehmen verwertungsgesellschaftspflichtig ist und daher auch im voraus nur an eine Verwertungsgesellschaft abgetreten werden kann. Damit wird dem Grundgedanken des Erwägungsgrundes 29 der Richtlinie Rechnung getragen; die Rechteinhaber sollen die Möglichkeit haben, sich eine direkte Beteiligung an der vom Kabelunternehmen für die Kabelweitersendung gezahlten Vergütung zu sichern. Wie schon in § 27 Abs. 3 UrhG für die Vermietung und für das Verleihen von Werkstücken vorgesehen ist, daß der zukünftig erst entstehende Vergütungsanspruch der vertraglichen Disposition der Parteien entzogen ist. Dies führt dazu, daß nur die vom Urheber oder vom ausübenden Künstler beauftragte Verwertungsgesellschaft ihn pauschal mit den Ansprüchen der übrigen Rechteinhaber gegenüber dem Kabelunternehmen geltend machen und die Einnahmen nach ihrem Verteilungsplan auskehren kann. Ohne eine entsprechende Regelung bestünde die Gefahr, daß der Urheber oder der ausübende Künstler als regelmäßig schwächere Vertragspartei keine gesonderte oder keine angemessene Vergütung durchsetzen kännte. Mit der weiteren Änderung des § 20 b des Entwurfs (§ 20 b Abs. 2 Satz 4) wird dem Anliegen Rechnung getragen, daß die Frage der Vergütung für Kabelweitersendungen auch (weiterhin) in Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen geregelt werden kann. Danach gehen Regelungen in Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen vor, soweit sie eine angemessene Vergütung für jede einzelne Kabelweitersendung vorsehen; § 20 b Abs. 2 Satz 1 bis 3 greift dann nicht ein.

Zu Nummer 5 (§ 94 Abs. 4)

Nach der vom Rechtsausschuß beschlossenen Fassung wird § 20 b insgesamt, also mit seinen Absätzen 1 und 2, auf die Filmhersteller angewendet. Damit wird berücksichtigt, daß es sich bei den in Deutschland tätigen Filmherstellern im wesentlichen um mittelständische Unternehmen handelt. Deren Position ist zwar nicht so schwach wie die der Urheber und ausübenden Künstler. Allerdings sind auch sie gegenüber den Sendeanstalten regelmäßig in einer schwächeren Position, so daß die für die vom Ausschuß vorgenommene Ergänzung des § 20 b Abs. 2 maßgeblichen Gründe in ähnlicher Weise gelten.

Zu Nummer 6 (§ 137 h Abs. 3)

Die im Regierungsentwurf vorgesehene Übergangsregelung hat der Rechtsausschuß durch Hinzufügung eines Absatzes 3 dahin gehend ergänzt, daß die Vorschrift des § 20 b Abs. 2 erst auf solche Verträge angewendet wird, die nach Inkrafttreten des Vierten Gesetzes zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes abgeschlossen werden. Den betroffenen Unternehmen wird so ermöglicht, sich auf die Gesetzesänderung einzustellen. Eingriffe in bestehende Verträge und damit zusammenhängende komplizierte Anpassungsfragen werden so weitgehend vermieden. Nach dem Inkrafttreten des Informations- und Kommunikationsdienste-Gesetzes, das durch Artikel 7 das Urheberrechtsgesetz geändert und als Übergangsvorschrift den § 137 g in das Urheberrechtsgesetz eingefügt hat, war die Vorschrift als § 137 h zu bezeichnen.

Bonn, den 11. Februar 1998

Norbert Rättgen Ludwig Stiegler Detlef Kleinert (Hannover)

Berichterstatter Berichterstatter Berichterstatter

11.02.1998

S. Gesetzentwurf der Bundesregierung - Drucksache 13/4796 -

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