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17.03.2003; 17:19 Uhr
Auch Rheinland-Pfalz für besseren Schutz des Zeugnisverweigerungsrechts von Journalisten
Nach Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu Telefonüberwachung

Das Bundesland Rheinland-Pfalz hat den Bundesgesetzgeber aufgefordert, als Schlussfolgerung aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Telefonüberwachung klarere Regelungen zum Schutz des Zeugnisverweigerungsrechts von Journalisten zu schaffen. Der rheinland-pfälzische Justizminister Herbert Mertin (SPD) erklärte am 13.3.2003, der Schutz der Zeugnisverweigerungsrechte der Berufsgeheimnisträger müsse bei allen verdeckten Ermittlungsmaßnahmen vereinheitlicht werden. Bisher sei in der Strafprozessordnung (StPO) "keine klare Linie" des Gesetzgebers erkennbar. Die Wohnraumüberwachung sei bei allen Berufsgeheimnisträgern verboten, die Ermittlung von Verbindungsdaten nur bei Geistlichen, Strafverteidigern und Abgeordneten. Bei anderen Ermittlungsmaßnahmen wie längerdauernder Beobachtung oder dem Einsatz verdeckter Ermittler fehlten ausdrücklichen Regelungen für den Schutz der Zeugnisverweigerungsrechte völlig. Mertin bezeichnete diesen Zustand als "nicht befriedigend". Die Maßnahmen seien für die Betroffenen mit erheblichen Grundrechtseingriffen verbunden. Die Fragen dürften deshalb nicht der richterlichen Rechtsfortbildung überlassen werden. Stattdessen sei der Gesetzgeber gefordert, Klarheit zu schaffen.

Unmittelbar nach Bekanntwerden der Entscheidung des BVerfG hatten bereits Journalisten- und Verlegerverbände Gesetzesänderungen gefordert. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) erklärte, Journalisten müssten die Möglichkeit haben, vertrauliche Gespräche mit ihren Informanten auch per Telefon zu führen. Jeder Informant werde es sich drei mal überlegen, ob er mit einem Journalisten telefoniere, wenn er befürchten muss, dass die Strafverfolgungsbehörden die Verbindungsdaten speicherten. Auch die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) meinte, Vertrauensschutz für Informanten sei ein unverzichtbarer Bestandteil journalistischer Arbeit. Journalistische Recherchen dürften nicht als Vehikel der Strafverfolgungsbehörden missbrauch werden. Auch ver.di forderte den Gesetzgeber auf, die StPO zu Gunsten eines Informantenschutzes zu ändern. Ähnlich äußerte sich auch der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV). Das Vertrauensverhältnis zwischen Presse und Informant müsse "oberste Priorität" haben, forderte ein Sprecher des Verbands. Nur so könne die Presse ihre öffentliche Aufgabe erfüllen. Die Vergangenheit habe leider gezeigt, dass die Strafverfolgungsbehörden nicht immer die nötige Sensibilität beim Umgang mit der Pressefreiheit zeigten.

Das BVerfG hat am 12.3.2003 bestätigt, dass die Strafverfolgungsbehörden bei einem Verdacht auf erhebliche Straftaten Auskunft über die Verbindungsdaten von Telefongesprächen auch dann verlangen können, wenn davon Journalisten betroffen sind (Az. 1 BvR 330/96 u. 1 BvR 348/99). Der damit verbundene Eingriff in die Presse- und Rundfunkfreiheit zu Zwecken der Strafverfolgung sei in diesem Fall gerechtfertigt. Für eine entsprechende richterliche Anordnung müsse allerdings ein konkreter Tatverdacht bestehen und eine hinreichend sichere Tatsachengrundlage für die Annahme vorliegen, dass der durch die Anordnung Betroffene mit dem mutmaßlichen Straftäter über den Telefonanschluss in Verbindung stehe. Das Gericht begründete seine Entscheidung mit der Überlegung, es sei grundsätzlich Sache des Gesetzgebers, im Rahmen einer Abwägung zu klären, wie weit das Strafverfolgungsinteresse der Öffentlichkeit gegenüber dem Interesse der Medien an einer Geheimhaltung ihrer Quellen zurücktreten müsse. Der Gesetzgeber habe von dieser Gestaltungsbefugnis in nicht zu beanstandender Art und Weise Gebrauch gemacht. Der Entscheidung des BVerfG zu Grunde lagen Verfassungsbeschwerden mehrerer Journalisten, deren Telefonanschlüsse auf Grund richterlicher Anordnung überwacht worden waren. Mit Hilfe der dabei ermittelten Verbindungsdaten war es den Strafverfolgungsbehörden in einem der beiden Fälle gelungen, einen wegen mehrfachen Mordes gesuchten Terroristen zu fassen, nach dem vorher trotz erheblichen Aufwands jahrelang erfolglos gefahndet worden war.

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