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09.05.2003; 20:36 Uhr
BGH gestattet Vertrieb von "Klosterbier" trotz fehlendem Bezug zu klösterlicher Brautradition
Wegen 150jähriger unbeanstandeter Benutzung und regional beschränktem Verbreitungsgebiet

Eine Brauerei darf ihre Erzeugnisse im Einzelfall auch bei fehlendem Bezug zu einer klösterlichen Brautradition als "Klosterbier" vertreiben. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in einer vor kurzem veröffentlichten Entscheidung vom 7.11.2002 (Az. I ZR 276/99). Im Fall hatte eine im Jahr 1840 neben einer verlassenen Klosterkirche errichtete Brauerei aus Baden-Württemberg Bier unter anderem unter der Marke "Kloster Pilsner" vertrieben. Nach Einstellung des Braubetriebs vor Ort wurde die Marke für den Vertrieb des Bieres einer Stuttgarter Großbrauerei weiterverwendet. Das Unternehmen wurde daraufhin von der Brauerei des bayerischen Klosters Ettal und von der Münchener Benediktiner-Abtei St. Bonifaz, der Eigentümerin der Klosterbrauerei Andechs, verklagt. Die bayerischen Bierbrauer warfen den schwäbischen Konkurrenten irreführende Werbung vor und beantragten, ihm die weitere Verwendung des Begriffes "Kloster" in seinen Biermarken gerichtlich zu untersagen.

Der BGH wies die Klage allerdings wie das vorbefasste Oberlandesgericht Stuttgart (OLG) und das Landgericht Stuttgart (LG) zurück. Die Richter gestanden zu, die Bezeichnung «Kloster» vermittle zwar unterschwellig den Eindruck einer alten, bodenständigen Brautradition und könne als verstecktes Qualitätssignal für die Kaufentscheidung auch verständiger Verbraucher von Einfluss sein. Eine solche Irreführungsgefahr müsse in Ausnahmefällen aber hingenommen werden, wenn die Belange der Allgemeinheit nicht in erheblichem Maße und ernstlich in Mitleidenschaft gezogen würden. Ein solcher Ausnahmefall sei im Fall zu bejahen. Die Bezeichnung sei seit mehr als 150 Jahren unbeanstandet benutzt worden. Außerdem sei der Absatz der umstrittenen Biermarke während des gesamten Zeitraums und bis zum heutigen Tag auf ein regionales Verbreitungsgebiet beschränkt. Vor diesem Hintergrund sei es unverhältnismäßig, die Verwendung des umstrittenen Begriffs als irreführend zu untersagen.

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