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06.06.2003; 16:18 Uhr
Foto von Wiener Hundertwasser-Haus darf nur mit Zustimmung des Künstlers vertrieben werden
BGH: Im Fall nicht von "Panoramafreiheit" gedeckt, weil Foto von nicht öffentlich zugänglichem Ort

Ein deutsches Großhandelsunternehmen hat durch den Vertrieb einer Abbildung eines Hauses des Architekten Friedensreich Hundertwasser die Urheberrechte des vor drei Jahren verstorbenen österreichischen Künstlers verletzt. Das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) am 5.6.2003 (Az. I ZR 192/00). Eine abweichende Entscheidung des Oberlandesgerichts München (OLG), das auf die so genannte "Panoramafreiheit" nach § 59 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) abgestellt hatte, hoben die Richter auf. Die Sache wurde an das OLG zurückverwiesen, das nun über mögliche Auskunfts- und Schadensersatzansprüche der Hundertwasser-Stiftung als Erbin des Künstlers entscheiden muss.

Umstritten war im Fall die Abbildung eines in den 80er Jahren erbauten Wohn- und Geschäftshauses in Wien, an dessen Planung und Ausführung Hundertwasser maßgeblich beteiligt war. Das Haus, das durch seine ungewöhnliche, verspielte Gestaltung auffällt, ist mittlerweile eine Wieder Sehenswürdigkeit. Die deutsche Handelskette Metro hatte ein Foto des Hauses für 199 Mark als gerahmten Druck vertrieben. Angefertigt worden war das Foto von einem Fotografen, der sich der besseren, erhöhten Perspektive wegen Zugang zu einer dem Haus gegenüberliegenden Privatwohnung verschafft hatte. Hundertwasser hatte das als Verletzung seines Urheberrechts beanstandet und die Metro auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz in Anspruch genommen.

Das OLG vertrat die Auffassung, die Abbildung sei durch § 59 UrhG gedeckt. Nach dieser Vorschrift dürften Aufnahmen von "Werken, die sich bleibend an öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen befinden", auch ohne Zustimmung des Urhebers hergestellt und vertrieben werden. Mit dieser sogenannten Panoramafreiheit   einer Ausnahme vom ausschließlichen Verwertungsrecht des Urhebers   erlaube es das Gesetz gerade, beispielsweise Postkarten oder Bildbände mit Straßenansichten zu vertreiben ohne Rücksicht auf urheberrechtlich geschützte Werke wie Gebäude oder Denkmäler, die möglicherweise auf diesen Ansichten zu sehen sind.

Der BGH stellte sich dieser Ansicht nun entgegen. Auf die Bestimmung über die Panoramafreiheit könne die Metro sich nicht berufen. Denn diese das Urheberrecht an dem Bauwerk beschränkende Vorschrift solle es der Allgemeinheit ermöglichen, das, was die Passanten von der Straße aus mit eigenen Augen sehen könnten, als Gemälde, Zeichnung, Fotografie oder im Film zu betrachten. Von diesem Zweck der gesetzlichen Regelung sei es nicht mehr gedeckt, wenn der Blick von einem für das allgemeine Publikum unzugänglichen Ort aus   etwa mit den Mitteln der Fotografie   fixiert werden solle. Die enge Auslegung der Schrankenbestimmung sei geboten, weil der Urheber möglichst umfassend an der wirtschaftlichen Nutzung seines Werkes zu beteiligen sei.

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