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07.08.2003; 14:38 Uhr
Bundesverfassungsgericht entscheidet über Klinikwerbeverbot im Internet
Zurückverweisung an das Landgericht Freiburg - Angegriffene Entscheidungen enthalten keine verfassungsrechtlichen Erwägungen

Ein durch Beschluss ausgesprochenes Werbeverbot verstößt gegen das Grundrecht auf Berufsausübungsfreiheit gem. Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG), wenn die Grenzen, die das Verfassungsrecht für berufsrechtliche Werbeverbote aufstellt, in der Entscheidung nicht eingehalten wurden. Das entschied die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) in einer am 7.8.2003 veröffentlichten Entscheidung vom 17.7.2003 (Az.: 1 BvR 2115/02). Im Fall hatten die Trägerin einer Gefäßklinik und ihr ehemaliger Geschäftsführer Verfassungsbeschwerde gegen jeweils einen Beschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe (Az.: 4 U 75/02) und des Landgerichts Freiburg (Az.: 10 O 182/01) eingelegt, nach denen sie zur Unterlassung einer im Internet geschalteten Werbung für die Klinik verurteilt worden waren. Das BVerfG hob die Beschlüsse auf und wies das Verfahren an das LG zurück.

Die Trägerin der Klinik warb auf ihrer Homepage mit dem Slogan »Was wir für sie tun können, hängt von dem ab, was sie haben« für ihr Leistungsspektrum. Außerdem wurde der Besucher der Homepage mittels Links zu Kurzbeschreibungen des Krankheitsbildes von fünf aufgelisteten Krankheiten weitergeleitet, wobei auch die Art und die Häufigkeit von deren Behandlung in der Klinik aufgeführt wurde. Weiter konnte man sich mittels Links über die in der Gefäßklinik behandelnden Ärzte und die Klinik selbst informieren. Ein konkurrierender Facharzt für Chirurgie ging dagegen wettbewerbsrechtlich vor. Das LG verurteilte die Beschwerdeführer zur Unterlassung der Werbung. Das OLG bestätigte diese Entscheidung. Die Beschwerdeführer beriefen sich bei ihrer gegen diese Entscheidungen eingelegten Verfassungsbeschwerde auf Art. 12 Abs. 1 GG unter dem Hinweis, nur übertriebene oder marktschreierische Werbung sei unzulässig.

Nach Ansicht der Verfassungsrichter seien die Fachgerichte zwar richtigerweise davon ausgegangen, dass den Angehörigen der freien Berufe lediglich berufswidrige Werbung verboten sei. Berufswidrig sei Werbung, die nicht interessengerecht und sachangemessen informiere. Jedoch enthielten die angegriffenen Entscheidungen keine verfassungsrechtlichen Erwägungen. Eine Abwägung des Grundrechts auf Berufsausübungsfreiheit mit der Sicherung des Werbeverbots sei nicht vorgenommen worden. Der Slogan sei nicht marktschreierisch, sondern es handele sich dabei um eine einprägsame Überschrift. Die Schilderungen der fünf Krankheitsbilder seien sachlich und für den Patienten rein informativ. Außerdem handele es sich bei der Werbung um eine im Internet als passive Darstellungsplattform geschaltete Selbstpräsentation, die dem Informationsbedürfnis derjenigen Patienten gerecht wird, die eine Behandlung ins Auge gefasst haben.

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