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15.11.2006; 12:02 Uhr
EU-Kulturausschuss schlägt Änderungen bei EU-Fernsehrichtlinie vor
Mehr Hinweise bei Produktplatzierungen, Einbeziehung von Internetfernsehen und Video-on-Demand in Regelungsbereich

Der Kulturausschuss des Europäischen Parlaments hat seinen Bericht zum Novellierungsentwurf der Kommission für die EU-Fernsehrichtlinie vorgelegt und darin punktuelle Veränderungen empfohlen. Wie aus einer Pressemitteilung des federführenden Ausschusses vom 14.11.2006 folgt, präzisierte er die Richtlinie hinsichtlich der Definition audiovisueller Mediendienste. So beschlossen seine Mitglieder, in den Anwendungsbereich der Richtlinie nicht nur klassische Fernsehformate, sondern auch neue technische Formate wie Internet-Fernsehen oder Video-on-Demand einzubeziehen, bei denen ein vorgegebenes Programm auf individueller Basis abgerufen werde könne. Damit soll eine bessere Abgrenzung linearer Dienste von nicht-linearen erreicht werden, um letztere von einer zu strengen Regulierung durch die Fernsehrichtlinie zu bewahren.

Einen Kompromiss erzielten die Ausschussmitglieder bei der Frage der Zulässigkeit von Schleichwerbung. So soll die Produktplatzierung grundsätzlich in Nachrichtensendungen, Kinderprogrammen, Dokumentationen und Verbrauchersendungen verboten sein. Jedoch sollen die Mitgliedstaaten darüber entscheiden dürfen, ob sie diese oder auch Produktionshilfen in Sport- und fiktionalen Programmen zulassen wollen. Auf jeden Fall sollen dann aber verpflichtend spätestens alle 20 Minuten entsprechende aufklärende Hinweislogos eingeblendet werden. Zudem soll in der Richtlinie klar gestellt werden, dass die redaktionelle Unabhängigkeit nicht beeinträchtigt werden sowie keine direkte Aufforderung zum Kauf oder Miete von Diensten oder Produkten erfolgen dürfe. Während die Berichterstatterin im Ausschuss, Ruth Hieronymi (CDU), sich über diese Regelung zufrieden zeigte, bezeichnete die Ausschuss-Vizepräsidentin Helga Trüpel (Bündnis 90/Die Grünen) dies als »absolute Mogelpackung«, die weder dem Verbraucher noch der europäischen Medienindustrie helfe. Bereits die EU-Kulturminister hatten sich bei einem Treffen am 13.11.2006 auf ein grundsätzliches Verbot von Schleichwerbung, aber auch auf Ausnahmeregelungen hiervon geeinigt (siehe Meldung vom 13.11.2006).

Ferner modifizierten Europas Kulturabgeordneten die Regelungen für Werbung. Danach erhöhten sie den von der Kommission vorgeschlagenen Abstand für Werbepausen bei (Fernseh-)Filmen, Konzert- oder Theateraufzeichnungen von 35 auf 45 Minuten, bei Kinder- oder Nachrichtensendungen beließen sie es beim 30-Minuten-Abstand. Hieronymi hofft in diesem ihres Erachtens zu eng gefassten Punkt noch auf Nachbesserung im Rahmen der Beratungen im Plenum des Parlaments. Als »anachronistisch« hingegen stellen sich die Abstandsregelungen allgemein für den medienpolitischen Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion Christoph Waitz dar. Er fordert lediglich die Festlegung einer maximal erlaubten Werbezeit pro Tag, jede weitere Reglementierung lehnt er ab, da dadurch auch das Problem der Schleichwerbung entschärft werden könne. Insbesondere Privatsender könnten so ihre Einnahmen aus der Werbung erzielen, ohne auf das Mittel der Produktplatzierung zurückgreifen zu müssen.

Dokumente:

Institutionen:

Zu diesem Thema:

  • Die Revision der Fernsehrichtlinie - Überblick über die wesentlichen geplanten Änderungen unter besonderer Berücksichtigung der Liberalisierung des Verbotes von Produktplatzierungen, Aufsatz von Stephan Leitgeb, LL.M. Eur., München, ZUM 2006, 837-843 (Heft 11)
[IUM/hl]

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