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13.11.2007; 17:04 Uhr
Keine »vorbeugende« Unterlassungsklage gegen künftige Bildveröffentlichungen
BGH: Einzelfallabwägung kann nicht für noch unbekannte Bilder erfolgen

Einem Zeitschriftenverlag kann nicht untersagt werden, »im Kern« gleichartige Bilder wie vorgerichtlich beanstandet zu veröffentlichen. Dies entschied der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs am 13. November 2007 in zwei Urteilen (Az. VI ZR 265/06 und VI ZR 269/06 - Veröffentlichung in der ZUM folgt).

Die Klägerin, eine bekannte frühere Schwimmsportlerin, hatte - in von der Beklagten verlegten Zeitschriften - veröffentlichte Fotos beanstandet, die während eines Ferienaufenthaltes der Klägerin heimlich aufgenommen worden waren und diese und ihren Partner u. a. am Strand vor dem Hotel zeigten. Nachdem die Beklagte vorgerichtlich strafbewehrte Unterlassungsverpflichtungserklärungen abgegeben hatte, in denen sie sich verpflichtete, es zu unterlassen, die bereits veröffentlichten Fotos erneut zu verbreiten, erhob die Klägerin Unterlassungsklage, Bildnisse von ihr, die sie in ihrem privaten Alltag zeigten, zu verbreiten. Das Berufungsgericht erachtete diesen Antrag zwar für zu weitgehend, verurteilte aber die Beklagte, es zu unterlassen, im Kern gleichartige Bilder wie die von der Klägerin vorgerichtlich beanstandeten zu veröffentlichen (Entscheidungen vom 6. November 2006, Az. 10 U 282/05 und 10 U 6/06, ersteres veröffentlicht in ZUM-RD 2007, 53, Heft 2). Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten hatte nun Erfolg.

Nach Ansicht der BGH-Richter könne über ein Anspruch auf die Unterlassung der Veröffentlichung »kerngleicher« Bilder nicht im Voraus beurteilt werden. Anknüpfungspunkt für die Zulässigkeit einer Bildveröffentlichung sei jeweils eine im Einzelfall vorzunehmende Abwägung zwischen dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit und dem Interesse des Abgebildeten an dem Schutz seiner Privatsphäre. Eine solche Abwägung könne aber nicht in Bezug auf Bilder vorgenommen werden, die noch gar nicht bekannt seien und bei denen insbesondere offen sei, in welchem Kontext sie veröffentlicht würden, zumal dabei auch die begleitende Wortberichterstattung eine wesentliche Rolle spiele. Letzteres Kriterium spielt seit den Caroline-von-Hannover-Entscheidungen des BGH vom 6. März 2007 eine zusätzliche Rolle dabei, um zu entscheiden, inwieweit ein Informationsinteresse der Allgemeinheit an der Bildveröffentlichung besteht oder nicht (siehe Meldung vom 6.3.2007). Diese Änderung in der Rechtsprechung wiederum ist in der Folge auf Kritik in der Praxis gestoßen. Im Rahmen einer Veranstaltung des Instituts für Urheber- und Medienrecht bezeichnete Rechtsanwalt Stefan Söder diese »richterliche Niveaukontrolle« als nicht mit der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vereinbar (siehe Meldung vom 9.11.2007).

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