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26.09.2011; 16:18 Uhr
»Fernsehen ohne Grenzen«: Deutschland darf Weiterverbreitung von Sendungen aus Mitgliedsstaaten in seinem Hoheitsgebiet nicht verbieten
EUGH bestätigt Verbot der Sendertätigkeit als Vereine in Deutschland - BVerwG muss faktische Auswirkung auf Weiterverbreitung prüfen

Deutschland kann die Ausstrahlung von Fernsehsendungen, die aus einem anderen Mitgliedsstaat übertragen werden, in seinem Hoheitsgebiet nicht verhindern. Es kann nur die Tätigkeit der betreffenden Sender als Vereine im deutschen Hoheitsgebiet verbieten. Das Verbot darf sich aber nicht faktisch auf die Weiterverbreitung auswirken. Dies hat der EuGH am 22. September 2011 entschieden (Az. C-244/10 und 245/10, Veröffentlichung in ZUM folgt).

Die deutschen Behörden hatten im Jahr 2008 der Mesopotamia Broadcast, einer dänischen Gesellschaft, untersagt, sich durch den von ihr betriebenen Fernsehsender Roj TV, ebenfalls eine dänische Gesellschaft, in Deutschland zu betätigen. Begründet wurde diese Untersagung damit, dass die vorwiegend in kurdischer Sprache über Satellit ausgestrahlten Programme von Roj TV sich gegen den in der Verfassung festgelegten »Gedanken der Völkerverständigung« richteten. Mesopotamia Broadcast und Roj TV beantragten unter Berufung auf die EU-Fernsehrichtlinie (89/552/EWG, »Fernsehen ohne Grenzen«) die Aufhebung des Verbotes. Das BVerwG ersuchte im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens eine Klärung, ob das Verbot rechtmäßig war. Der EuGH stellte fest, dass das Verhalten von Mesopotamia Broadcast und Roj TV unter den Begriff der »Aufstachelung zu Hass« fällt, was nach der Fernsehrichtlinie ein Ausstrahlungsverbot begründet. Für die Prüfung sind allerdings allein die dänischen Behörden zuständig. Die Mitgliedstaaten sind nicht berechtigt, die Weiterverbreitung von Sendungen aus anderen Mitgliedstaaten in ihrem Hoheitsgebiet zu beschränken. Der EuGH stellt jedoch fest, dass die Tätigkeit von Mesopotamia Broadcast und von Roj TV in ihrer Eigenschaft als Vereine untersagt werden kann. Roj TV dürfe sich daher als verbotener Verein in Deutschland nicht mehr betätigen. Auch eine zu seinen Gunsten in Deutschland erfolgende Betätigung, insbesondere Produktion, Organisation von Veranstaltungen und Unterstützungsaktivitäten, ist demnach verboten.

Das BVerwG muss jetzt prüfen, ob das Vereinsverbot nicht faktisch zu einem Ausstrahlungs- bzw. Weiterverbreitungsverbot führt.

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