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08.11.2011; 10:51 Uhr
Abmahnkosten für Urheberrechtsverletzung: BGH weist Altfall mangels Geltung von § 97 a UrhG zurück
Berufungsgericht muss Rechtslage zum Zeitpunkt der Abmahnung prüfen

Der BGH hat die Anwendung des § 97 a Abs. 2 UrhG auf die erste Abmahnung einer Urheberrechtsverletzung verneint, weil die Norm zum Zeitpunkt der Abmahnung noch nicht in Kraft getreten war (Urteil vom 28. September 2011, Az. I ZR 145/10, Veröffentlichung in ZUM oder ZUM-RD folgt). Das Berufungsgericht (LG Stuttgart, Az. 17 S 2/10) hatte die Norm angewendet und die Abmahnkosten auf 100 Euro begrenzt. Der BGH hat die Sache nun zur Entscheidung zurückverwiesen. Denn zur Angemessenheit der klägerischen Forderung im Rahmen ihres im Grunde gegebenen Anspruches habe das LG Stuttgart noch keine Feststellungen getroffen.

Geklagt hatte die Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an Ed Hardy-Grafiken in Deutschland und Österreich. Der Beklagte hatte einen Pullover mit entsprechendem Design, den er auf »eBay« gekauft hatte, dort wieder verkauft. Das konkrete Stück war allerdings nicht mit Zustimmung Hardys in den hiesigen Wirtschaftsraum gelangt. Die Klägerin machte 2009 Abmahnkosten in Höhe von knapp 860 Euro geltend. Abgemahnt wurde der Beklagte erstmals Ende 2007, § 97 a UrhG trat am 1. September 2008 in Kraft.

Um Fälle, in denen die Abmahnung vor Inkrafttreten der Norm in Gang gesetzt, jedoch mangels Begleichung der Anwaltskosten durch den Verletzer erst danach abgeschlossen wurde, ging es in einer Verfassungsbeschwerde, die ein »eBay«-Händler eingelegt hatte. Die Verfassungsrichter wiesen die Verfassungsbeschwerde im Rahmen der Subsidiarität unter anderem ab, weil eine Sachentscheidung zur Rückwirkung der Norm nicht geboten sei. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass in »Altfällen« eine »Auslegung des § 97 a Abs. 2 UrhG möglich sein dürfte, welche die Urheber nicht ihres einmal entstandenen und somit im Grundsatz nach Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Aufwendungserstattungsanspruchs weitgehend beraubt«.

Wie das BVerfG ausführt, hatte das OLG Brandenburg in einem »Altfall« entschieden, dass § 97 a Abs. 2 UrhG anwendbar sei, weil die Norm ohne Übergangsregelung in Kraft getreten ist. Von einer Anwendung der Norm gingen auch die Vorinstanzen der BGH-Entscheidung aus. Dem erteilte der 1. Zivilsenat nun eine Absage. Das LG Stuttgart muss jetzt prüfen, ob die 1,3-fache Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 RVG VV und der Gegenstandswert von 20.000 Euro angemessen sind.

Dokumente:

  • Urteil des OLG Brandenburg vom 3. Februar 2009, Az. 6 U 58/08, ZUM 2009, 412 (Volltext bei Beck Online)
  • Beschluss des BVerfG vom 20. Januar 2010, Az. 1 BvR 2062/09, ZUM 2010, 337 (Volltext bei Beck Online)

Institutionen:

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