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11.07.2012; 10:14 Uhr
Papst Benedikt XVI. erwirkt einstweilige Verfügung gegen Satiremagazin
DJV hält gerichtliche Entscheidung für »satirefeindlich«

Papst Benedikt XVI. leitete rechtliche Schritte gegen das Satiremagazin »Titanic« ein, da er sich durch Titelbild und Rückseite der aktuellen Ausgabe in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt sah. Er forderte eine Unterlassungserklärung und erwirkte gestern vor dem LG Hamburg eine einstweilige Verfügung gegen das Magazin, wie »Spiegel Online« meldet. Auf dem aktuellen Titelbild war Papst Benedikt XVI. in weißer Soutane mit einem gelblichen Fleck im Schritt abgebildet. Die Bildüberschrift lautete: »Halleluja im Vatikan - Die undichte Stelle ist gefunden!« Auf der Rückseite war der Papst von hinten zu sehen - sein Gewand braun verschmutzt. »Titanic« überschreite damit jedes Maß an Zumutbarem, erklärte der Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz. 

»Titanic«-Chefredakteur Leo Fischer weist hingegen den Vorwurf der Persönlichkeitsrechtsverletzung zurück. Er gehe von einem Missverständnis aus. Die Entscheidung des LG Hamburg halte er für einen großen Irrtum, denn der Spielraum für Satire in Deutschland sei sehr groß. Der Titel zeige einen Papst, der nach der Aufklärung der »Vatileaks«-Affäre feiere und im Überschwang ein Glas Limonade über seine Soutane verschüttet habe: »Es ist allgemein bekannt, dass der Papst ein großer Freund des Erfrischungsgetränks ›Fanta‹ ist«. »Wir setzen nach wie vor auf das persönliche Gespräch mit dem Heiligen Vater«, so Fischer. In der Zwischenzeit werde das kritisierte Titelbild der Juli-Ausgabe allerdings entsprechend der Entscheidung der LG Hamburg nicht weiter veröffentlicht und auf der »Titanic«-Website geschwärzt. Sollte der Papst aber an seiner Meinung festhalten, erklärte Fischer, sei er bereit, durch alle juristischen Instanzen zu gehen.

Der Deutsche Journalisten-Verband e.V. (DJV) hält die einstweilige Verfügung gegen das Magazin für »überzogen« und »satirefeindlich«. »Auch der Papst muss sich Satire gefallen lassen«, kritisiert DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken. Er ist der Auffassung, über Geschmack lasse sich zwar streiten, die konkrete Darstellung falle jedoch unter die Freiheit der Satire. Die Zeitschrift habe keine religiösen Gefühle von Katholiken verletzt, weil die Fotomontage ihn in seiner Rolle als Repräsentant der Vatikan-Bürokratie karikiert habe.

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[IUM/ct]

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