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02.08.2012; 16:13 Uhr
BGH: Im gewerblichen Rechtsschutz geltende Grundsätze zur »Leerübertragung« auch im Urheberrecht anwendbar
Davon abweichende Vereinbarung im Lizenzvertrag bleibt den Parteien unbenommen

In dem erst jetzt veröffentlichten Urteil vom 2. Februar 2012 (Az.: I ZR 162/09, »Delcantos Hits«; Veröffentlichung in ZUM bzw. ZUM-RD folgt) hatte sich der BGH mit der Lizenzierung von urheberrechtlichen Scheinrechten zu befassen, d.h. Rechten, deren materielle Schutzvoraussetzungen sich bei späterer Prüfung als nicht gegeben erweisen. Der BGH hat entschieden, dass auch im Urheberrecht grundsätzlich von den im gewerblichen Rechtsschutz entwickelten Grundsätzen zur Vergütungspflicht bei »Leerübertragungen« auszugehen ist, wonach die Schutzunfähigkeit des Lizenzgegenstandes regelmäßig weder die Rechtsverbindlichkeit des Lizenzvertrages noch die Pflicht zur Zahlung der vereinbarten Lizenzgebühren berührt.

Der I. Zivilsenat führt in seiner Entscheidung aus, dass der Erwerb eines urheberrechtlichen Scheinrechts auch für den Lizenznehmer eine dem Erwerb eines rechtsgültigen Schutzrechts ähnliche wirtschaftliche Lage i.S. einer wirtschaftlichen Vorzugsstellung, die er ohne den Lizenzvertrag nicht innegehabt hätte, schaffen könne. Er hat daher entschieden, dass »ein urheberrechtlicher Lizenzvertrag über die Einräumung oder Übertragung von Nutzungsrechten an einem vermeintlichen Werk nicht deshalb unwirksam ist, weil das vermeintliche Werk tatsächlich keinen Urheberrechtsschutz genießt«. Der Lizenzgeber eines solchen Lizenzvertrages könne vielmehr grundsätzlich die vereinbarte Vergütung beanspruchen, solange der Lizenzvertrag besteht und dem Lizenznehmer eine wirtschaftliche Vorzugsstellung verschafft. 

Im konkreten Fall hatten die Parteien allerdings die Rechtsfolgen der Übertragung eines Scheinrechts abweichend von diesen Grundsätzen geregelt, sodass nach dem BGH die gegen die beklagte GEMA geltend gemachten Ansprüche auf Beteiligung am Vergütungsaufkommen sowohl den Nachweis, dass die Kläger als Bezugsberechtigte tatsächlich Komponist, Textdichter, Bearbeiter oder Verleger sind, als auch das Vorliegen der materiellen Schutzvoraussetzungen des jeweiligen Werkes voraussetzten. »Die GEMA ist nach den Bestimmungen des Berechtigungsvertrages zur Erhebung und Verrechnung von Aufführungsrechten nur berechtigt und verpflichtet, wenn der Bezugsberechtigte in Zweifelsfällen nachweist, dass die aufgeführten Musikstücke urheberrechtlich geschützt sind«, so der BGH.

Die Sache wurde daher zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, insbesondere zur erneuten Feststellung, ob die von den Klägern geschaffenen Musikstücke urheberrechtlich geschützt sind oder nicht, an das KG Berlin zurückgewiesen.

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