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16.10.2012; 13:11 Uhr
Verwirkung einer Vertragsstrafe bei direkter URL-Erreichbarkeit
Die Löschung der HTML-Seite, auf der sich der geschützte Inhalt befindet, reicht nicht aus

Wurde eine strafbewehrte Unterlassungserklärung dahingehend abgegeben, dass ein Lichtbild nicht mehr im Internet genutzt wird, so reicht es nicht aus, wenn die betreffende HTML-Seite gelöscht wird, das Lichtbild über eine direkte URL aber noch abrufbar ist. Dies entschied das Oberlandesgericht Karlsruhe am 12. September 2012 (Az.: 6 U 58/11 - Veröffentlichung in der ZUM bzw. ZUM-RD folgt) einem Bericht von Dr. Bahr zufolge. Im Fall hatte der Betreiber eines Internetportals eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben, wonach er sich unter Meidung einer Vertragsstrafe verpflichtete, das streitgegenständliche Lichtbild nicht im Internet zu nutzen. Auch nach Abgabe der Erklärung konnte das Lichtbild weiterhin angezeigt und heruntergeladen werden. Die Klägerin nahm den Portalbetreiber daraufhin auf Zahlung der Vertragsstrafe in Anspruch. Hiergegen wandte der Beklagte ein, durch die Löschung der betreffenden HTML-Seite sei er der Unterlassungserklärung nachgekommen, da er das Lichtbild nun nicht mehr nutze, sondern allenfalls öffentlich zugänglich mache. Wie auch schon das Landgericht Mannheim sah das OLG hierin eine Nutzung im Sinne der Unterlassungserklärung und wies die Berufung ab. Maßgebliche Verwertungshandlung sei bereits das Zugänglichmachen des Werkes für den interaktiven Abruf, wodurch ein frühzeitiger Schutz zugunsten des Urhebers sichergestellt werde. Gerade im Hinblick darauf, dass der Berufungskläger nicht nur ein Internetportal betreibt, sondern auch Providerdienste anbietet, deute alles darauf hin, dass das Bild generell der Nutzung durch Dritte entzogen werden sollte. Nicht nur die Verwertung im eigenen redaktionellen Angebot sei von der Erklärung erfasst gewesen. Der Berufungskläger hätte sicherstellen müssen, dass das Lichtbild nicht mehr über seine Webseite oder über die von ihm verwendete URL zugänglich war. Ein Zugänglichmachen in diesem Sinn werde nicht dadurch ausgeschlossen, dass die URL so auswendig ausgestaltet ist, dass sie als Sicherheitscode kaum überwunden werden kann. Hierbei stützte sich das Gericht auf die Rechtsprechung des Oberlandesgerichts Hamburg, wonach schon die abstrakte Möglichkeit der Eingabe der URL ausreicht (Az.: 5 U 87/09 vom 14. März 2012).

Auch hätte der Portalsbetreiber den Erfolg der Löschungsmaßnahme umfassend kontrollieren müssen. Zwar könne das Sich-Verlassen auf eine im Normalfall fehlerfrei arbeitende Software für sich genommen kaum den Vorwurf mangelnder Sorgfalt begründen. Im konkreten Fall sei jedoch zu berücksichtigen, dass es hier um die Unterlassung von Verletzungshandlungen gehe, bei deren Umsetzung ein besonderes Maß an Sorgfalt zu erwarten sei. Danach hätte der Protalsbetreiber feststellen müssen, dass mindestens bei einigen Servern der von ihm behauptete Löschbefehl nicht ausgeführt worden war. Eine genauere Überprüfung hätte stattfinden müssen, auch wenn das Lichtbild womöglich auf mehreren Dutzend Servern gespeichert war.

Dokumente:

[IUM/kr]

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