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14.12.2012; 13:30 Uhr
BGH trifft Entscheidung zum Tonträger-Sampling
Keine freie Benutzung, wenn verwendete Tonfolge von Nutzer selbst hätte eingespielt werden können

Eine freie Benutzung gem. § 24 UrhG ist ausgeschlossen, wenn es einem durchschnittlichen Musikproduzenten möglich ist, die von einem fremden Tonträger verwendeten Töne oder Klänge als gleichwertige Tonaufnahme selbst in das von ihm hergestellte Musikstück einzuspielen. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) einer eigenen Pressemitteilung zufolge durch Urteil vom 13. Dezember 2012 (Az.: I ZR 182/11 - Veröffentlichung in der ZUM folgt) entschieden.

Im Fall hatten die Mitglieder der Musikgruppe »Kraftwerk« die Komponisten des von Sabrina Setlur gesungenen Stücks »Nur mir« sowie den Tonträgerhersteller wegen der Verwendung einer 2-sekündigen Rhythmussequenz aus ihrem Song »Metall auf Metall« verklagt. Die Kläger sahen sich in ihren Rechten als Tonträgerhersteller verletzt, da die Beklagten die Sequenz elektornisch kopiert (»gesampelt«) und dem Titel »Nur mir« in fortlaufender Wiederholung unterlegt hätten, obwohl es ihnen möglich gewesen wäre, die übernommene Rhythmussequenz selbst einzuspielen. Sie haben die Beklagten auf Unterlassung, Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht, Auskunftserteilung und Herausgabe der Tonträger zum Zweck der Vernichtung in Anspruch genommen.

Die erste Instanz hatte der Klage stattgegeben (LG Hamburg vom 8. Oktober 2004, Az.: 308 O 90/99). Auch das Berufungsgericht (OLG Hamburg vom 7. Juni 2006, ZUM 2006, 758 - Volltext bei Beck Online) wies die Berufung der Beklagten zurück. Im Revisionsverfahren hat der BGH das Urteil des OLG Hamburg allerdings aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an dieses zurückverwiesen (Urteil vom 20. November 2008, ZUM 2009, 219 mit Anmerkung von Malte Stieper ZUM 2009, 223 - Volltext bei Beck Online). Nach den Vorgaben der Bundesrichter war noch zu prüfen, ob sich die Komponisten des Stücks »Nur mir« hinsichtlich der Verwendung des Samples auf die freie Benutzung berufen können (vgl. Meldung vom 22. August 2011). Der BGH wendete § 24 UrhG im Rahmen der Tonträgerherstellerrechte der Kläger analog an. Denn wenn eine freie Benutzung von urheberrechtlich geschützten Werken erlaubt ist, müsse dies erst recht gegenüber Leistungsschutzrechten gelten - auch wenn in diesem Fall die Gestaltungsmöglichkeiten geringer seien. Eine Analogie komme aber nicht in Betracht, wenn der Verwender eines Samples in der Lage ist, die Sequenz auch selbst einzuspielen. Dann stehe das Original einer kulturellen Weiterentwicklung, wie sie von § 24 UrhG gewahrt werden solle, nicht entgegen und eine Berufung auf die freie Benutzung müsse dem Samplenden verwehrt bleiben.

Im wiedereröffneten Berufungsverfahren hat das OLG durch Urteil vom 17. August 2011 die Verurteilung der Beklagten bestätigt (ZUM 2011 748 mit Anmerkung von Dr. Simon Apel ZUM 2011, 755 - Volltext bei Beck Online). Nach Ansicht der Richter war das »Metall auf Metall«-Sample für einen »mit durchschnittlichen Fähigkeiten und technischen Möglichkeiten« ausgestatteten Musikproduzenten nachspielbar. Auch gegen dieses Urteil legten die Beklagten Revision ein. Diese wurde nun vom BGH abgewiesen, da das Berufungsgericht mit Recht darauf abgestellt habe, ob es einem durchschnittlich ausgestatteten und befähigten Musikproduzenten zum Zeitpunkt der Benutzung der fremden Tonaufnahme möglich ist, eine eigene Tonaufnahme herzustellen, die dem Original gleichwertig ist. Das Berufungsgericht habe weiter ohne Rechtsfehler angenommen, dass die Beklagten nach diesen Maßstäben in der Lage gewesen wären, die aus »Metall auf Metall« entnommene Sequenz selbst einzuspielen.

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[IUM/kr]

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