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13.11.2013; 14:24 Uhr
Restwertbörsen im Internet: BGH entscheidet erneut über Schutzrechtsverletzung
Vermutung der Wiederholungsgefahr kann sich auch auf Verletzung anderer Schutzrechte erstrecken

»Die Verletzung eines bestimmten Schutzrechts (hier des Rechts nach § 72 Abs. 1 UrhG an einem Lichtbild) kann die Vermutung der Wiederholungsgefahr (§ 97 Abs. 1 Satz 1 UrhG) nicht nur für Verletzungen desselben Schutzrechts, sondern auch für Verletzungen anderer Schutzrechte (hier der Rechte nach § 72 Abs. 1 UrhG an anderen Lichtbildern) begründen, soweit die Verletzungshandlungen trotz Verschiedenheit der Schutzrechte im Kern gleichartig sind.« Dies entschied der BGH mit gestern veröffentlichtem Urteil vom 20. Juni 2013 (Az.: I ZR 55/12 - Restwertbörse II; Veröffentlichung in ZUM bzw. ZUM-RD folgt).

In dem Fall ging es um die Klage eines Kfz-Sachverständigen, der im Jahr 2005 zum Zwecke der Begutachtung eines nach einem Unfall beschädigten Motorrads 34 Lichtbilder desselben anfertigte. Das mit den Lichtbildern versehene Gutachten übermittelte er an das beklagte Versicherungsunternehmen, welches daraufhin fünf der Lichtbilder in eine Restwertbörse im Internet einstellte. Auf Nachfrage des Klägers im Jahr 2008 teilte die Beklagte mit, es lasse sich nicht mehr nachvollziehen, welche fünf Lichtbilder sie seinerzeit in die Restwertbörse eingestellt habe. Die Vorinstanzen wiesen die Klage mit dem Unterlassungsantrag sowohl im Hinblick auf die fünf von der Beklagten öffentlich zugänglich gemachten Lichtbilder als auch im Hinblick auf die übrigen 29 Lichtbilder ab. Mangels Bestimmtheit des Klagesantrags seien die grundsätzlich bestehenden Unterlassungsansprüche hinsichtlich der fünf Lichtbilder insgesamt unbegründet. Im Bezug auf die übrigen 29 Lichtbilder urteilte das OLG Hamburg, dass jedes Lichtbild ein eigenes Schutzrechtsobjekt darstelle und daher eine Rechtsverletzung hinsichtlich eines Lichtbilds keine Wiederholungsgefahr in Bezug auf ein anderes Lichtbild begründe. 

Dieser Auffassung schloss sich der BGH nicht an. Im Hinblick auf die mangelnde Bestimmtheit des Unterlassungsantrags sei das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen, »um dem Kläger aus Gründen der prozessualen Fairness Gelegenheit zu geben, das mit diesem Antrag verfolgte Begehren in einen Antrag zu fassen, der dem Bestimmtheitsgebot entspricht«. Weiter urteilte der BGH, dass die durch die begangene Rechtsverletzung begründete tatsächliche Vermutung für das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr - entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts - nicht nur hinsichtlich der fünf ins Internet eingestellten Lichtbilder bestehe, sondern sich auf die 29 weiteren Lichtbilder des Gutachtens erstrecke. Eine Verletzungshandlung begründe die Vermutung der Wiederholungsgefahr nicht nur für die identische Verletzungsform, sondern für alle im Kern gleichartigen Verletzungshandlungen. 

Dokumente:

  • Urteil des BGH vom 29. April 2010, Az.: I ZR 68/08 - Restwertbörse I, ZUM-RD 2010, 529 (Volltext bei Beck-Online)

Institutionen:

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