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20.03.2014; 10:08 Uhr
BGH verneint Haftungsmilderung bei Überschreitung des Beurteilungsspielraums bei Änderung des Verteilungsplanes
Kein reduzierter Verschuldensmaßstab der Gema trotz sorgfältiger Prüfung der Rechtslage

Der I. Zivilsenat des BGH hat in seinem heute veröffentlichten Urteil vom 24. September 2013 festgestellt, dass »einer Verwertungsgesellschaft beim Aufstellen und Ändern der Regeln eines Verteilungsplanes nach § 7 Satz 1 UrhWG ein außerordentlich weiter, nur durch das Willkürverbot begrenzter Beurteilungsspielraum eingräumt« ist. Überschreitet sie diesen Beurteilungsspielraum, ist, nach Auffassung des BGH, der übliche Haftungsmaßstab des § 276 BGB maßgeblich (Az.: I ZR 187/12 - Veröffentlichung in ZUM bzw. ZUM-RD).  

Die Mitglieder der Gema hatten im Jahr 2003 eine Änderung der Regeln des Verteilungsplanes betreffend die Verrechnung von Musik in Werbefilmen beschlossen. Der Kläger, Komponist für Werbemusik, war der Ansicht, die beschlossene Änderung benachteilige ihn grundlos. Die Aufsichtsbehörde beim DPMA entschied auf Beschwerde des Klägers hin, die beschlossene Änderung verstoße nicht gegen das Willkürverbot des § 7 Satz 1 UrhWG. Das LG Berlin wies die daraufhin erhobene Feststellungsklage des Klägers ab. Auf die Berufung des Klägers gab das Kammergericht der Klage mit der Begründung statt, die beschlossene Änderung sei gemessen an § 7 Satz 1 UrhWG willkürlich und daher unwirksam. Daraufhin zahlte die Gema dem Kläger für die Geschäftsjahre 2004 bis 2008 den infolge des geänderten Verteilungsschlüssels entstandenen Differenzbetrag nach. 

Mit der vorliegenden Klage aus dem Jahr 2010 verlangte der Kläger die Zahlung von Verzugszinsen auf die nachgezahlten Beträge. Die Beklagte vertrat die Auffassung, sie sei nicht in Verzug gewesen, weil sie die verspätete Leistung nicht zu vertreten habe; sie habe sich in einem das Verschulden ausschließenden Rechtsirrtum über die Wirksamkeit der beschlossenen Änderung des Verteilungsplans befunden. Dem folgte der BGH nicht. Bei einer zweifelhaften Rechtslage, wie hier, hätte die Beklagte laut BGH bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt eine andere Beurteilung durch die Gerichte in Betracht ziehen müssen. Der BGH betont, dass die Verwertungsgesellschaft bei der Verteilung der Einnahmen grundsätzlich innerhalb der Grenzen der Willkür frei ist. »Es ist daher nicht gerechtfertigt, einer Verwertungsgesellschaft, die beim Aufstellen eines Verteilungsplans die Grenzen der Willkür überschritten hat, auch noch einen milderen als den üblichen Haftungsmaßstab zuzubilligen.«

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