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20.02.2015; 10:59 Uhr
Dieter Bohlen und Prinz von Hannover unterliegen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Sachen »Lucky Strike«
EGMR: Die Prominenten sind »weder abwertend noch negativ dargestellt«

Dieter Bohlen und Ernst August Prinz von Hannover haben keinen Zahlungsanspruch wegen unerlaubter Verwendung ihrer Vornamen in Werbeanzeigen der Zigarettenmarke »Lucky Strike«. Wie das »Handelsblatt« am 19. Februar 2015 berichtet, hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) am selben Tag eine Klage der zwei Prominenten über die Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte abgewiesen (Az.: 54395/09 und 53649/09 - Veröffentlichung in der ZUM bzw. ZUM-RD folgt).

Sie hatten u.a. den Konzern British American Tobacco wegen Werbekampagnen für »Lucky Strike« aus den Jahren 2000 und 2003 verklagt. Während das OLG Hamburg den Betroffenen jeweils eine fiktive Lizenzgebühr in Höhe von 35.000 Euro im Fall von Dieter Bohlen (OLG Hamburg vom 29. November 2005, Az.: 7 U 97/04) und 60.000 Euro im Fall des Prinzen von Hannover (OLG Hamburg vom 15. Mai 2006 - ZUM 2007, 660, ) zugesprochen hatte, hatte der BGH die Klagen abgewiesen (BGH 5. Juni 2008 ZUM 2008, 957). 

In einer der Werbeanzeigen war in Anspielung auf tätliche Auseinandersetzungen, in die Ernst August Prinz von Hannover in den Jahren 1998 und 2000 verwickelt war, eine eingedrückte Zigarettenschachtel abgebildete. Darunter stand die Textzeile: »War das Ernst? Oder August?«

Die andere streitgegenständliche Werbeanzeige zeigte zwei Zigarettenschachteln, an denen ein schwarzer Filzstift lehnte. Die darüber stehende Textzeile lautete: »Schau mal, lieber Dieter, so einfach schreibt man super Bücher. Einzelne Wörter waren geschwärzt, ohne dadurch unleserlich zu werden.« Damit spielte die Werbung auf das Buch Bohlens »Hinter den Kulissen« an, das nach mehreren Gerichtsverfahren mit Schwärzungen vertrieben wurde (vgl. Meldung vom 17. Juni 2005 und vom 10. Oktober 2003).

Nach Ansicht des ersten Senats des BGH verstoßen die Werbeanzeigen nicht gegen das Persönlichkeitsrecht der Prominenten. Aktuelle Geschehnisse seien zum Anlass für die satirisch-spöttischen Werbesprüche genommen worden, ohne über eine bloße Aufmerksamkeitswerbung hinaus die Namen der Kläger zur Anpreisung der beworbenen Zigarettenmarke zu vermarkten. Zwar spielten die Werbemotive nicht auf Ereignisse von historisch-politischer Bedeutung an. Das auch im Bereich der Wirtschaftswerbung bestehende Recht auf freie Meinungsäußerung, auf das sich die Beklagten berufen könnten, umfasse jedoch auch unterhaltende Beiträge, die Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse aufgriffen. An den Ereignissen, die die Werbeanzeigen thematisierten, habe ein besonderes Informationsinteresse der Öffentlichkeit bestanden. Die verfassungsrechtlich durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützte Meinungsäußerungsfreiheit verdränge den einfach-rechtlichen Schutz des vermögensrechtlichen Bestandteils der allgemeinen Persönlichkeitsrechte der Kläger. Die Verwendung der Namen erwecke nicht den Eindruck, die Genannten würden die beworbene Zigarettenmarke empfehlen. Außerdem sei ein beleidigender oder herabsetzender Inhalt der Werbeanzeigen nicht ersichtlich. Als Folge dieser Abwägung müsse das Interesse der Kläger, eine Nennung ihrer Namen in der Werbung zu verhindern, zurücktreten. Deshalb seien ihnen auch keine Ansprüche auf Abschöpfung eines Werbewerts zuzubilligen.

Auch die Richter des EGMR empfand, dass die Werbung, die Kläger »weder abwertend noch negativ darstellt«. Explizit lobten sie die Sorgfalt des BGH, der »ein verbindliches Gleichgewicht zwischen Meinungsfreiheit und Achtung des Privatlebens gefunden hat«.

Dokumente:

[IUM/kr]

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