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06.04.2015; 21:14 Uhr
OLG Frankfurt entscheidet zur Frage des urheberrechtlichen Schutzes eines Computerprogramms
Die Gewährung eines Test-Zugangs stellt auch ohne Quellcode eine öffentliche Zugänglichmachung des Computerprogramms dar

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG Frankfurt) hat sich in einem Urteil vom 27. Januar 2015  (Az. 11 U 94/13 - Veröffentlichung in der ZUM bzw. ZUM-RD folgt) mit verschiedenen Fragen zum urheberrechtlichen Schutz eines Computerprogramms und dessen Reichweite beschäftigt. Dabei bestätigte es zunächst das erstinstanzliche Urteil des LG Frankfurt am Main (Az. 2-6 O 97/12) vom August 2013, wonach das streitgegenständliche Computerprogramm nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 69 a UrhG als individuelle geistige Werkschöpfung der an ihrer Entwicklung und Erstellung beteiligten Personen Urheberrechtsschutz genießt. Es handele sich um eine über längere Zeit entwickelte komplexe Software mit einem nicht unerheblichen Marktwert.  

Die Parteien stritten u.a. darüber, dass die Beklagte den Quellcode des Computerprogramms zum Zwecke der Entfernung des Google-Analytics-Tracking-Codes dekompiliert hat. Die Richter beider Instanzen sahen das Recht der Klägerin auf Bearbeitung des Computerprogramms nach § 69 c Abs. 1 Nr. 1, 2 UrhG hierdurch verletzt. Das Argument der Beklagten, die Verwender der Software hätten aus Datenschutzgründen ein Interesse an der Entfernung der »Spionagefunktion« ließen die Richter nicht gelten. Im Übrigen hätte die Software seitens der Beklagten gar nicht an neue Kunden weitergegeben werden dürfen.

Die Gewährung eines Test-Zugangs stellt nach Ansicht der Richter des Oberlandesgerichts wie der ersten Instanz eine öffentliche Zugänglichmachung des Computerprogramms dar. Das Computerprogramm werde durch die Beklagte öffentlich zugänglich gemacht, indem es über ihre Internetseite bzw. über deren » YouTube« -Kanal für jedermann zugänglich gewesen sei, auch wenn eine Veröffentlichung des Quell- oder Objektcodes hiervon nicht umfasst war. Die reine graphische Benutzeroberfläche ist damit ausreichend. Zwar gebe diese nicht das Computerprogramm an sich wieder. Zugänglichmachen setze jedoch nur voraus, dass Dritten der Zugriff auf das betreffende geschützte Werk eröffnet werde. Im Fall hat damit der Umstand, dass das Programm auf der Internetseite der Beklagten im Rahmen einer Demoversion mit vollem Nutzungsumfang verwendet werden konnte, die Voraussetungen eines öffentlichen Zugänglichmachens erfüllt.

[IUM/kr]

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