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09.05.2015; 16:51 Uhr
Hessischer Verwaltungsgerichtshof: Big Brother-Tageszusammenfassung ist nicht vorlagefähige Sendung im Sinne des § 20 Abs. 3 S. 2 JMStV
Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen muss Sendung vor Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien prüfen

Die Hessische Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (LPR) hätte vor Erlass eines Aufsichtsbescheids wegen eines angeblichen Verstoßes gegen den Jugendmedienschutz durch eine Folge der Serie »Big Brother« eine Entscheidung der Freiwilligen Selbstkontrolle Fernsehen (FSF) herbeiführen müssen. Dies hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof durch Entscheidung vom 7. Mai 2015 laut eigener Pressemitteilung desselben Tages entschieden (Az. 8 A 254/14 - Veröffentlichung in der ZUM bzw. ZUM-RD folgt). Bei nicht vorlagefähigen Sendungen sei zunächst die FSF einzubinden. Nicht vorlagefähige Sendungen seien hierbei solche, die der freiwilligen Selbstkontrolle nicht vor Ausstrahlung der Sendung vorgelegt werden können. Das Format von »Big Brother« sei gerade durch seine Aktualität charakterisiert. Der Jungendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) verlange bei derartigen Sendungen gem. § 20 Abs. 3 Satz 2 JMStV, dass die Landesmedienanstalt eine Entscheidung einer anerkannten Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle herbeiführt. Einem Einschreiten der Landesmedienanstalt stehe dies als Aufsichtshindernis entgegen. 

Im Fall war der Kommission für Jugendmedienschutz der Landesmedienanstalten (KJM) eine am 26. März 2009 zwischen 19 und 20 Uhr auf RTL II gesendete »Tageszusammenfassung« der Ereignisse im »Big Brother«-Haus aufgefallen. Eine Bewohnerin hatte sich dort in anzüglicher Weise über Geschlechtsverkehr und ihre »Tage« geäußert. Die LPR hatte daraufhin eine Beanstandung ausgesprochen und die künftige Ausstrahlung vor 20 Uhr verboten. Der Sender hatte daraufhin Beschwerde gegen den Bescheid eingelegt. RTL II argumentierte, dass die KJM bei der ihrer Ansicht nach nicht vorlagefähigen Sendung zunächst die FSF-Prüfentscheidung hätte abwarten müssen und nur bei Überschreiten des Beurteilungsspielraumes Aufsichtsmaßnahmen hätte erlassen dürfen. In erster Instanz hatte das Verwaltungsgericht Kassel die Klage im Oktober 2013 als unbegründet abgewiesen (Az.: 1 K 391/12.KS, siehe hierzu auch die Zusammenfassung in dem Artikel Die Entwicklung des Jugendmedienschutzes 2013/2014 von Kristina Hopf und Birgit Braml in ZUM 2014, 854). Die Richter ließen jedoch die Berufung zu, da die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Sendung als »nicht vorlagefähig« anzusehen ist, bislang noch nicht höchstrichterlich geklärt worden sei. Auf die Berufung des Senders hin hat der Hessische VGH nun entschieden, dass es sich auch bei der Tageszusammenfassung um eine nicht vorlagefähige Sendung im Sinne des JMStV handelt. Maßgeblich für die Einstufung sei das Konzept, dass der Veranstalter mit seiner Sendung verfolge als Ausdruck seiner grundrechtlich geschützten Programmfreiheit, Art. 5 Abs. 2 GG. Die KJM war der Auffassung, ein vom Anbieter selbst auferlegter Zeitdruck reiche nicht aus, um die Vorlagefähigkeit zu verneinen. Es handle sich bei der Tageszusammenfassung weder um eine Livesendung noch um Einspielungen aktueller Geschehnisse, die typischerweise nicht vorlagefähig seien. Der Hessische VGH stellte aber auf das gesamte Konzept ab, das eben durch seine Aktualität charakterisiert werde. 

Die Revision gegen das Urteil wurde zugelassen, da die Abgrenzung von vorlagefähigen und nicht vorlagefähigen Sendungen im Sinne des § 20 JMStV grundsätzliche Bedeutung habe.

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[IUM/kr]

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