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14.07.2015; 15:43 Uhr
BGH entscheidet über Herausgabe der Tonbandaufzeichnungen des Altkanzlers Kohl
Kohl kann Herausgabe der Tonbänder verlangen - BGH bestätigt Vorinstanzen im Ergebnis

In dem Rechtsstreit um die Herausgabe von Tonbandaufzeichnungen zwischen Dr. Helmut Kohl und seinem Biographen, Dr. Heribert Schwan, hat sich der Altkanzler nun auch in dritter Instanz durchgesetzt. Wie der Bundesgerichtshof (BGH) am 10. Juli 2015 berichtet, hat der V. Zivilsenat die Revision Heribert Schwans zurückgewiesen und Helmut Kohl einen Herausgabeanspruch zugesprochen (Az.: V ZR 2016/14 - Veröffentlichung in der ZUM bzw. ZUM-RD folgt).

Die Parteien hatten im Jahr 1999 jeweils selbständige, inhaltlich aufeinander abgestimmte Verträge mit einem Verlag geschlossen, deren Gegenstand die Erstellung der Memoiren des Klägers war. Die schriftliche Abfassung des Werkes sollte durch Dr. Schwan erfolgen. Der Beklagte hatte hierzu 630 Stunden der mit dem Altkanzler geführten Gespräche auf Tonband aufgenommen. Wie der BGH berichtet beinhalten die Gespräche Informationen über das gesamte Leben Helmut Kohls, sowohl über die Zeit, in der er höchste politische Ämter innehatte, als auch über seinen vorherigen Werdegang. Die Tonbänder hatte der Beklagte zur Vorbereitung der geplanten Buchveröffentlichung mit nach Hause genommen. Nachdem sich die Parteien überworfen hatten, kündigte der Kläger die Zusammenarbeit mit dem Beklagten und verlangte die Herausgabe sämtlicher Tonaufnahmen, auf denen seine stimme zu hören ist. Der Beklagte war durch den Verlag finanziell abgefunden worden. 

Helmut Kohl war in den ersten zwei Instanzen erfolgreich (LG Köln, 12. Dezember 2013, Az.: 14 O 612/12; OLG Köln, 1. August 2014, ZUM-RD 2015, 15 - veröffentlicht bei Beck Online). Auch der BGH bejahte einen Herausgabeanspruch und wies der Revision des Beklagten zurück. Allerdings hatte das OLG Köln den Herausgabeanspruch auf §§ 985, 950 Abs. 1 S. 1 BGB gestützt. Dies lehnt der BGH ab. Der Kläger sei nicht durch »Verarbeitung« gem. § 950 Abs. 1 S. 1 BGB Eigentümer der Tonbänder geworden. Nach Ansicht der Karlsruher Richter wird ein Tonband nicht allein durch das Aufnehmen von Tondokumenten zu einer neuen Sache.

Der Herausgabeanspruch resultiere aus dem zwischen den Parteien bestehenden Auftragsverhältnis und bestehe nach § 667 BGB. In Ausführung der Verlagsverträge hätten die Parteien konkludent eine rechtlich verbindliche Vereinbarung über das von dem Kläger zur Verfügung zu stellende Material getroffen. Diese Vereinbarung stelle rechtlich ein auftragsähnliches Rechtsverhältnis dar, wobei der Kläger als Auftraggeber anzusehen sei. Dies sei darauf zurückzuführen, dass allein der Kläger nach den Verlagsverträgen über den Inhalt der Memoiren zu entscheiden gehabt habe. Nachdem der Kläger die Zusammenarbeit beendet und damit den Auftrag widerrufen habe, sei der Beklagte nach § 667 BGB verpflichtet, ihm alles herauszugeben, was er zur Ausführung des Auftrags erhalten und aus der Geschäftsbesorgung erlangt habe. Wie der BGH ausführt sind hiervon nicht nur Dokumente erfasst, sondern auch die dem Beklagten mitgeteilten und von ihm aufgezeichneten persönlichen Erinnerungen und Gedanken des Klägers. Auf das Eigentum an den Tonbändern, auf denen die Lebenserinnerungen des Klägers aufgezeichnet sind, kommt es nicht an. Setzt der Beauftragte zur Erfüllung des Auftrags untergeordnete Hilfsmittel, wie beispielsweise ein Tonband, ein, muss er auch das Eigentum daran an den Auftraggeber übertragen, wenn das Erlangte anders nicht herausgegeben werden kann.

In dem zwischen Kohl und Schwan geführten Rechtsstreit um die Verwendung und Veröffentlichung von Zitaten Kohls in dem Buch »Vermächtnis - Die Kohl-Protokolle« hat der Altkanzler ebenfalls in zwei Instanzen Recht erhalten (vgl. Meldung vom 5. Mai 2015; OLG Köln, Az.: 15 U 193/14 - Veröffentlichung in der ZUM bzw. ZUM-RD folgt; LG Köln Az.: 14 O 315/14).

 

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[IUM/kr]

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