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23.07.2015; 20:52 Uhr
BGH bestätigt Verstoß von Amazon gegen Buchpreisbindung durch Rabattaktion
Bezugspunkt für Verstoß ist die Frage, ob das Vermögen des Buchhändlers beim Verkauf neuer Bücher in Höhe des gebundenen Preises vermehrt wird

Gutscheine dürfen beim Erwerb preisgebundener Bücher nur verrechnet werden, wenn dem Buchhändler schon bei Abgabe der Gutscheine eine entsprechende Gegenleistung zugeflossen ist. Dies hat der 1. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) laut Pressemitteilung vom 23. Juli 2015 durch Urteil vom selben Tag entschieden (Az. I ZR 83/14).

Geklagt hatte der Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. Er sah in einer Rabatt-Aktion des Onlinehändlers Amazon einen Verstoß gegen das Buchpreisbindungsgesetz. Die Beklagte verkauft über ihre Webseite in Deutschland preisgebundene Bücher. Wie der BGH berichtet, können Kunden über das "Trade-in-Programm" der Beklagten ihr gebrauchte Bücher verkaufen. Bei einer um die Jahreswende 2011/2012 durchgeführten Werbeaktion erhielten Kunden, die mindestens zwei Bücher gleichzeitig zum Ankauf eingereicht hatten, zusätzlich zum Ankaufspreis einen Gutschein über 5 Euro auf ihrem Kundenkonto gutgeschrieben. Da dieser Gutschein zum Erwerb beliebiger Produkte eingesetzt werden konnte, konnte dieser Rabatt auch beim Kauf neuer Bücher eingelöst werden.

Während das Landgericht Wiesbaden  die Unterlassungsklage des Börsenvereins abgewiesen hatte (Az.: 13 O 18/13 vom 16. August 2013), gab das Oberlandesgericht Frankfurt der Klage statt (Az.: 11 U 93/13 vom 28. Januar 2014). Die Richter sahen einen Verstoß gegen §§ 3, 5 BuchPrG als gegeben. Auch die Karlsruher Richter nehmen einen Verstoß gegen § 3 BuchPrG an, wie die Beklagte Gutscheine, die zum Erwerb preisgebundener Bücher eingesetzt werden konnten, an Letztverbraucher ausgegeben hat, ohne dass ihr dafür eine entsprechende Gegenleistung der Kunden zugeflossen ist. 

Der Zweck der Buchpreisbindung bestehe darin, durch Festsetzung verbindlicher Preise beim Verkauf an Letztabnehmer ein umfangreiches, der breiten Öffentlichkeit zugängliches Buchangebot in einer großen Zahl von Verkaufsstellen zu sichern (§1 BuchPrG). Zwar seien Geschenkgutscheine, die Buchhandlungen verkauften, und mit denen die Beschenkten Bücher erwerben können, zulässig. Dies beruhe darauf, dass der Buchhändler in diesem Fall den gebundenen Verkaufspreis für das Buch erhalte. Die Ausgabe kostenloser Gutscheine, die zum Erwerb preisgebundener Bücher benutzt werden könnten, stellten allerdings einen Verstoß dar, da der Buchhändler im Ergebnis für das Buch ein geringeres Entgelt als den gebundenen Preis erhalte. Hierfür sei der Umstand unerheblich, dass die Gutscheinausgabe und der Buchverkauf zwei selbständige Rechtsgeschäfte darstellten und ein Bezug zwischen ihnen erst durch die Kaufentscheidung des Kunden hergestellt werde. 

Bezugspunkt für die Prüfung eines Verstoßes gegen die Preisbindung sehen die Richter darin, ob das Vermögen des Buchhändlers beim Verkauf neuer Bücher in Höhe des gebundenen Preises vermehrt wird. Da der Beklagten für den Gutschein keine entsprechende Gegenleistung zukommt, erhält sie im Streitfall für den Verkauf des preisgebundenen Buches insgesamt nicht den gebundenen Preis.  

Der Börsenverein erklärte das Urteil in einer Pressemitteilung vom 23. Juli 2015  als einen wichtigen Erfolg für die Buchkultur, die Buchpreisbindung, für den Buchhandel und damit auch für die Leserinnen und Leser. Nach der Ansicht von Alexander Skipis, dem Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, versucht Amazon immer wieder die Buchpreisbindung zu unterwandern und auszuhölen, um seine Marktmacht zu stärken und letztlich damit Buchhandlungen und Verlage überflüssig zu machen. Ein ähnlich konsequentes Handeln pro Buchpreisbindung wie das des BGH erwartet sich der Börsenverein von der EU-Kommission in den Verhandlungen über das Freihandelsabkommen.

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[IUM/kr]

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