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08.04.2016; 11:27 Uhr
BGH zur Rechtmäßigkeit einer Verdachtsberichterstattung
Amtliche Verlautbarungen kein Freibrief für Medien

Der BGH hatte sich mit der Frage zu befassen, ob in einem Online-Archiv einer Tageszeitung nicht mehr aktuelle Beiträge zum Abruf bereitgehalten werden dürfen, in denen über den Verdacht einer Straftat im Zusammenhang mit einem - später nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellten - Ermittlungsverfahren berichtet und in denen der Beschuldigte - durch Namen und/oder Bild - identifizierbar bezeichnet wird. Geklagt hatte ein Fußballprofi auf Entfernung von mehreren Artikeln aus dem Online-Archiv der Beklagten, in denen es über ein im Januar 2012 gegen ihn eingeleitetes, im April 2012 wieder eingestelltes Ermittlungsverfahren wegen sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger Personen ging.

In dem jetzt bekannt gewordenen Urteil vom 16. Februar 2016 hat der BGH entschieden, dass die Übermittlung der Information über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens unter Namensnennung des Beschuldigten an die Medien durch die Staatsanwaltschaft selbst ein Indiz für die Zulässigkeit einer entsprechenden Verdachtsberichterstattung sein kann (Az.: VI ZR 367/15 - Veröffentlichung in ZUM bzw. ZUM-RD folgt). Laut BGH ist die regelmäßige Annahme gerechtfertigt, dass »eine unmittelbar an die Grundrechte gebundene, auf Objektivität verpflichtete Behörde wie die Staatsanwaltschaft die Öffentlichkeit erst dann unter Namensnennung über ein Ermittlungsverfahren unterrichten wird, wenn sich der zugrunde liegende Tatverdacht bereits einigermaßen erhärtet hat«. Dies entbinde die Medien allerdings nicht von der Aufgabe der Abwägung und Prüfung, ob im Übrigen nach den Grundsätzen der Verdachtsberichterstattung eine Namensnennung des Betroffenen gerechtgertigt ist.  

Die im vorliegenden Rechtsstreit zentrale Frage, ob die Berichterstattung im Zeitpunkt ihrer erstmaligen Veröffentlichung und damit auch die Bereithaltung im Online-Archiv unzulässig war, konnte der BGH nicht abschließend klären, weil bislang nicht eindeutig festgestellt sei, ob sie auf einer amtlichen Verlautbarung der Staatsanwaltschaft oder auf anderen Quellen basierte. Der BGH hat den Rechtsstreit zur Klärung der Quellenfrage an die Vorinstanz zurückverwiesen.

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