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31.05.2016; 15:27 Uhr
»Metall auf Metall«: BVerfG kippt BGH-Urteil
Sampling kann von Kunstfreiheit geschützt sein

Der Erste Senat des BVerfG hat mit Urteil vom 31. Mai 2016 die BGH-Entscheidung zum Tonträger-Sampling gekippt und die Rechtssache zur erneuten Entscheidung an den BGH zurück verwiesen. »Steht der künstlerischen Entfaltungsfreiheit ein Eingriff in das Tonträgerherstellerrecht gegenüber, der die Verwertungsmöglichkeiten nur geringfügig beschränkt, so können die Verwertungsinteressen des Tonträgerherstellers zugunsten der Freiheit der künstlerischen Auseinandersetzung zurückzutreten haben«, so das BVerfG (Az.: 1 BvR 1585/13 - Veröffentlichung in ZUM bzw. ZUM-RD folgt).

»Die Annahme des BGH, die Übernahme selbst kleinster Tonsequenzen stelle einen unzulässigen Eingriff in das Tonträgerherstellungsrecht der Kläger dar, soweit der übernommene Ausschnitt gleichwertig nachspielbar sei, trägt der Kunstfreiheit nicht hinreichend Rechnung«, so die Begründung des BVerfG. Wenn der Musikschaffende, der unter Einsatz von Samples ein neues Werk schaffen wolle, nicht völlig auf die Einbeziehung des Sample in das neue Musikstück verzichten wolle, stelle ihn die enge Auslegung der freien Benutzung durch den BGH vor die Alternative, sich entweder um eine Samplelizenzierung durch den Tonträgerhersteller zu bemühen oder das Sample selbst nachzuspielen. In beiden Fällen würden jedoch nach Auffassung der Karlsruher Richter die künstlerische Betätigungsfreiheit und damit auch die kulturelle Fortentwicklung eingeschränkt.

»Insoweit haben die Verwertungsinteressen der Tonträgerhersteller in der Abwägung mit den Nutzungsinteressen für eine künstlerische Betätigung zurückzutreten«, führt das BVerfG weiter aus. Das vom BGH für die Anwendbarkeit des § 24 Abs. 1 UrhG auf Eingriffe in das Tonträgerherstellerrecht eingeführte zusätzliche Kriterium der fehlenden gleichwertigen Nachspielbarkeit der übernommenen Sequenz sei nicht geeignet, einen verhältnismäßigen Ausgleich zwischen dem Interesse an einer ungehinderten künstlerischen Fortentwicklung und den Eigentumsinteressen der Tonträgerproduzenten herzustellen.

Zur Historie des Rechtsstreits vgl. Meldung vom 27. April 2016.

Der Deutsche Kulturrat bewertet die aktuelle Entscheidung des BVerfG »als eine Aufforderung an den gesamten Kulturbereich, die notwendige Debatte, was urheberrechtlich erlaubt und was verboten ist, noch intensiver zu führen«. Hinter dem Streit stehe eine wichtige Frage, die die Kulturbranche seit Jahren beschäftigt: das Verhältnis der Freiheit der Kunst und dem Schutz des geistigen Eigentums, so Olaf Zimmermann, der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates. Es müsse ein vernünftiges Verhältnis zwischen den beiden untrennbaren Rechten gefunden werden. »Diese Diskussion sollte aber nicht den Gerichten überlassen werden, sondern der Kulturbereich in seiner ganzen Breite muss sie führen«, so Zimmermann.

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