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19.01.2017; 21:45 Uhr
BGH zur Presseberichterstattung über Schumachers Gesundheitszustand
Presse darf verlautbarte Fakten grundsätzlich auch sachlich kommentieren

Die Zeitschrift »Super Illu« hatte im Juni 2014 in einem unter dem Titel »Schumis Engel« erschienenen Artikel über den Gesundheitszustand des bei einem Skiunfall verunglückten Formel-1-Rennfahrers und die Fortschritte seines Genesungsprozesses sowie über die medizinischen Maßnahmen und die neueste medizinische Technik berichtet. Das OLG Köln gab der Klage des früheren Formel-1-Weltmeisters statt.

Der BGH hob die Entscheidung des Berufungsgerichts mit jetzt veröffentlichtem Urteil vom 29. November 2016 teilweise auf (Az.: VI ZR 382/15 - Veröffentlichung in ZUM bzw. ZUM-RD folgt). In den Entscheidungsgründen stellt der BGH fest, dass konkrete Angaben über den Gesundheitszustand des Klägers, die dem Leser sein Schicksal plastisch verdeutlichen, »in der Öffentlichkeit nichts zu suchen« haben. Im Fall ging es um die Aussagen darüber, wie Schumacher mit seiner Frau kommuniziere und, dass er alles neu lernen müsse. »Durch die plakative Schilderung konkreter gravierender Einschränkungen wird der in der Öffentlichkeit als erfolgreicher Leistungssportler bekannte Kläger als gebrechliche und in jeder Hinsicht hilflose Person präsentiert, dessen körperliche und geistige Fähigkeiten auf ein Minimum reduziert sind. Dies muss er nicht hinnehmen.«

Zulässig war nach Aufassung des BGH dagegen die Berichterstattung über mögliche Behandlungsformen von Koma-Patienten basierend auf Angaben von Schumachers Ärzten und seiner Managerin. Die streitgegenständlichen Äußerungen, welche Behandlungsmaßnahmen zur Rehabilitation des Klägers nach seiner schweren Kopfverletzung medizinisch möglich und geboten sind und dass sich der weitere Genesungsprozess schwer gestalten kann, beeinträchtigen zwar das Recht des Kläger auf Achtung seiner Privatsphäre. Diese Beeinträchtigung sei jedoch nicht rechtswidrig, so der BGH. Das Schutzinteresse des Klägers überwiege das geschützte Recht der Beklagten auf freie Meinungsäußerung nicht. »Es darf der Presse nicht generell untersagt werden, öffentliche Verlautbarungen einer in der Öffentlichkeit bekannten Person zu seinem medizinischen Zustand zum Anlass einer Darstellung über die aus medizinischer Sicht zu ergreifenden Maßnahmen und die zur Verfügung stehenden Hilfsmittel zu machen. Die Presse ist insbesondere nicht generell verpflichtet, sich auf die Wiedergabe von pressemäßigen Verlautbarungen des Betroffenen zu beschränken und jede darauf aufbauende sachliche Berichterstattung zu unterlassen.« 

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