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23.04.2002; 16:50 Uhr
Im Rechtsstreit um Steffi-Graf-Bilder zeichnet sich Niederlage von Microsoft ab
OLG Köln wird sich voraussichtlich Auffassung der Vorinstanz anschließen

Im Rechtsstreit um gefälschte Internet-Nacktbilder der Sportlerin Steffi Graf zeichnet sich auch in zweiter Instanz eine Niederlage des Softwareherstellers Microsoft ab. Der 15. Senat des Oberlandesgerichts Köln (OLG) deutete in der mündlichen Verhandlung am 24.4.2002 an, er werde sich voraussichtlich der erstinstanzlichen Entscheidung des Landgerichts Köln (LG) anschließen. Das Landgericht hatte dem deutschen Tochterunternehmen der US-amerikanischen Microsoft Corporation im Oktober 2001 durch einstweilige Verfügung untersagt, Dritten die Verbreitung der umstrittenen Bilder über Microsoft-Nutzerforen zu ermöglichen (Az. 28 O 346/01). Microsoft Deutschland lehnt eine Verantwortung für die Bilder ab und legte deshalb Berufung ein. Wie das LG verwies nun aber auch das OLG auf die allgemeinen Geschäftsbedingungen des Unternehmens für die Nutzung seiner Internetforen. Der Softwarehersteller habe sich dort Nutzungsrechte an den eingestellten Inhalte einräumen lassen. Außerdem habe Microsoft in dem betroffenen Forum Werbebanner geschaltet. Ein Urteil des OLG wird für den 28.5.2002 erwartet (Az. 15 U 221/01).

Im Fall waren Mitte 2001 in einem Nutzerforum des Microsoft Networks (MSN) Bilder gezeigt und zum Kauf angeboten worden, in denen der Kopf Grafs auf Nacktfotos montiert worden war. Die Tennisspielerin ging daraufhin gegen Microsoft als Betreiberin von MSN vor und verlangte eine Sperrung der entsprechenden Beiträge. Sie begründete das mit einer Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte. Der Softwarehersteller kam dieser Aufforderung sofort nach. Nicht bereit war Microsoft Deutschland allerdings zur Unterzeichnung einer von Graf geforderten strafbewehrten Unterlassungserklärung. Das Unternehmen stellte sich auf den Standpunkt, nicht für Inhalte verantwortlich gemacht werden zu können, die Dritte eingestellt hätten. Es verwies unter anderem auf Haftungsprivilegien des Teledienstegesetzes (TDG). Das Landgericht Köln schloss sich dieser Auffassung in erster Instanz allerdings nicht an. Das Unternehmen müsse sich die eingestellten Inhalte zurechnen lassen, meinten die Richter. Sie begründeten das unter Hinweis auf Bestimmungen in den allgemeinen Nutzungsbedingungen des MSN.

Das Teledienstegesetz (TDG) regelt die Verantwortlichkeit von Anbietern von Telediensten in seinen §§ 8 ff. Das Gesetz unterscheidet darin unter anderem zwischen "eigenen Informationen" eines Diensteanbieters, die er zur Nutzung bereit hält, und "fremden Informationen", die für einen Nutzer gespeichert werden. Für eigenen Informationen sind Diensteanbieter nach § 8 TDG "nach den allgemeinen Grundsätzen" verantwortlich. Entscheidend für eine Haftung sind also die im Zivil- und Strafrecht entwickelten Grundsätze zur Zurechnung von Handlungen und ihren Folgen. Komplizierter regelt das TDG die Verantwortlichkeit der Diensteanbieter für fremde Inhalte. Nach § 11 des Gesetzes scheidet eine Verantwortlichkeit aus, wenn der betreffende Diensteanbieter keine Kenntnis von den rechtswidrigen Inhalten hatte. Der Anbieter kann sich aber auch bei Unkenntnis schadensersatzpflichtig machen, wenn ihm Tatsachen oder Umstände bekannt sind, aus denen die rechtswidrigen Inhalte offensichtlich werden. Einer Haftung entgehen kann der Anbieter allerdings auch dadurch, dass er bei Kenntniserlangung die rechtswidrigen Inhalte unverzüglich entfernt oder sperrt. Zur Frage, wie eigene von fremden Inhalten abzugrenzen sind, äußert sich das TDG nicht.

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