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05.08.2020; 20:56 Uhr
Stellungnahmen zu Diskussionsentwurf für Reform des Urheberrechts veröffentlicht
Gemischte Reaktionen auf Entwurf des BMJV

Das Bundesjustizministerium (BMJV) hat die Stellungnahmen zum Diskussionsentwurf für ein Zweites Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarkts (vgl. Meldung vom 24. Juni 2020) auf seiner Webseite veröffentlicht. Diverse Akteure aus den Bereichen Kultur, Wirtschaft und Recht nutzten die Möglichkeit, sich an der Diskussion zu beteiligen und ihre Ansichten zur geplanten Umsetzung der EU-Urheberrichtlinien zu veröffentlichen. Der Entwurf stieß dabei auf ein geteiltes Echo, welches hier auszugsweise wiedergegeben werden soll.

Die VG Wort betont zunächst, sie fände es sehr bedauerlich, dass das Gesetzgebungsverfahren für das Erstes Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts seit Monaten stocke. Für sie habe die Umsetzung von Art. 16 DSM-RL, welcher die sogenannte Verlegerbeteiligung regelt, oberste Priorität. Darüber hinaus sieht die Verwertungsgesellschaft insbesondere den neu geschaffenen § 51a UrhG-E problematisch, welcher eine neue Schranke für Pastiches schaffen soll. Dies ergebe sich schon daraus, dass bisher völlig unklar sei, was unter einem Pastiche zu verstehen sei. Durch die neue Vorschrift seien in "ganz erheblichem Umfang Nutzungen von fremden Werken zulässig [...], ohne dass dabei ein genau beschriebener Zweck verfolgt werden [müsse]". In Bezug auf das neue UrhDaG-E, welches insbesondere Art. 17 DSM-RL umsetzen soll, zeigt man sich hinsichtlich der Regelungstechnik verhalten. Kritisch sieht die VG Wort jedoch, dass "nach § 1 Abs. 1 UrhDaG-E ein neues Recht der öffentlichen Wiedergabe für Diensteanbieter geschaffen werden soll". Abschließend spricht sich die VG Wort dafür aus, die Betreibervergütung des § 54c UrhG "technologieneutral" auszugestalten.

Die VG Bild-Kunst begrüßt den Entwurf und hält ihn grundsätzlich für gelungen. Die Verwertungsgesellschaft hält jedoch ebenfalls den § 51a UrhG-E für problematisch, da die Schranke aus der InfoSoc-RL bezüglich Pastiches fakultativ sei und durch die hiesige Umsetzung "dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet [werde]". Ein eigenständiges UrhDaG-E werde grundsätzlich begrüßt. Die vorgeschlagenen Änderungen des VGG in Bezug auf die Erteilung kollektiver Lizenzen mit erweiterter Wirkung wird dem Grunde nach ebenfalls begrüßt. Im Hinblick auf eine Neuregelung der Betreibervergütung schließe man sich der Forderung der VG Wort an.

Die Initiative Urheberrecht bemängelt, der Diskussionsentwurf würde wesentliche Neuregelungen der DSM-RL nur teilweise umsetzen. Insbesondere die Formulierung einer neuen Schranke sei weder europarechtskonform noch praxistauglich. Die Regelungen zur Reform des Urhebervertragsrechts blieben hinter den Mindestanforderungen zurück und "[führten] teilweise sogar zu einer Verschlechterung der aktuellen Rechtslage". Diesbezüglich kritisiert die Initiative insbesondere, dass der Entwurf zu einer Abkehr vom Nutzungsbezug hin zu einer grundsätzlichen Pauschalvergütung führen könnte.

Der Deutsche Anwaltverein (DAV) tut sich nach eigenem Bekunden schwer in der Bewertung der Frage, ob durch den Entwurf ein gerechter Interessenausgleich zwischen den Urhebern und den Verwertern geglückt sei. Grundsätzlich solle man jedoch den amerikanischen Technologiekonzernen wie Google und Facebook keine Rechte zugestehen, welche den wirtschaftlichen Wert einer urheberrechtlichen Leistung untergraben könnten. Bei § 51a UrhG-E sieht der DAV erhebliche Auslegungsschwierigkeiten. Die Umsetzung von Art. 17 DSM-RL in einem separaten Gesetz erleichtere in der Praxis die Durchsetzung von Urheber- und Leistungsschutzrechten. Hinsichtlich der Ansprüche auf "Sperrung" und "Löschung" plädiert der DAV dafür, diese Begriffe aus der Richtlinie nicht in deutsches Recht zu übernehmen, da in Deutschland beide Ansprüche durch den Beseitigungsanspruch geltend gemacht würden.

Google, welches auch die Videoplattform YouTube betreibt, konzentriert sich in seiner Stellungnahme insbesondere auf die Umsetzung von Art. 17 DSM-RL. So schaffe der Entwurf in Bezug auf gewisse Aspekte eine "sehr begrüßenswerte Rechtssicherheit", gerade was die Definition der betroffenen Dienste, der Rechteinhaber und der Inhalte anginge. Jedoch seien einige Vorschläge bislang noch unerprobt und würfen deshalb ernsthafte Bedenken auf. Insbesondere das sog. "Pre-Flagging", welches es dem Uploader ermöglichen soll, durch eine vorherige Kennzeichnung als erlaubte Nutzung eine Löschung vorerst zu verhindern, sei geeignet, die Rolle der Gerichte zu untergraben und führe zu großer Rechtsunsicherheit bei den Diensteanbietern.

Die nationalen Gesetzgeber haben noch bis Juni 2021 Zeit, die DSM-RL und die Online-SatCab-Richtlinie in nationales Recht umzusetzen.

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