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12.11.2015; 20:11 Uhr
EUGH entscheidet über Verlagsbeteiligung an urheberrechtlichen gesetzlichen Vergütungsansprüchen in Belgien
EUGH: Ausschüttungen sollen Ausgleich für Rechteinhaber sein - Verlage gehören nicht zu den Rechteinhabern

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat am 12. November 2015 ein mit Spannung erwartetes Urteil gefällt, das sich unter anderem mit der Frage der Beteiligung der Verlage neben den Urhebern an gesetzlichen Vergütungsansprüchen beschäftigt (C-572/13 - Veröffentlichung in der ZUM bzw. ZUM-RD folgt). In dem entschiedenen Fall geht es um ein Vorabentscheidungsersuchen des belgischen Appelationshofs in Brüssel. In dem Vorlageverfahren der belgischen Verwertungsgesellschaft Reprobel gegen Hewlett Packard hatte das belgische Gericht unter anderem die Frage gestellt, ob Art. 5 Abs. 2 Bucht. a und Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 nationalen Rechtsvorschriften entgegenstehen, die es dem Mitgliedstaat gestatten, einen Teil des den Rechtsinhabern zustehenden gerechten Ausgleichs den Verlegern der von den Urhebern geschaffenen Werke zu gewähren, ohne dass die Verleger verpflichtet sind, die Urheber auch nur indirekt in den Genuss des ihnen vorenthaltenen Teils des Ausgleichs kommen zu lassen.

Dies beantworteten die Luxemburger Richter nun dahingehend, dass die in Art. 5 Abs. 2 Bucht. a und Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 vorgesehenen Ausnahmen des Vervielfältigungsrechts mit der Verpflichtung der Mitgliedstaaten verknüpft sind, dass die Inhaber des Vervielfältigungsrechts einen gerechten Ausgleich hierfür erhalten. Die Verleger gehörten jedoch nicht zu den Rechteinhabern. Wenn nun der den Verlegern gezahlte Ausgleich zu einer entsprechenden Verringerung dieses den Rechteinhabern zustehenden Ausgleichs führt, sei dies nicht richtlinienkonform. Weiter sei zu beachten, dass den Verlegern hierdurch kein Nachteil entstünde, da sie nicht zu den ausgleichsberechtigten Rechteinhabern gehörten und ihnen damit kein Nachteil im Sinne der in Frage stehenden Ausnahmen für Reprographie und für Privatkopien entstünde. Daher könnten sie auch keinen Ausgleich aufgrund dieser Ausnahmen erhalten, wenn dadurch den  Inhabern des Vervielfältigungsrechts der gerechte Ausgleich, auf den sie aufgrund dieser Ausnahmen Anspruch haben, ganz oder teilweise entzogen wird.

Infolgedessen sei auf die Frage zu antworten, dass Art. 5 Abs. 2 Buchst. a und Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 nationalen Rechtsvorschriften entgegenstehen, die es dem Mitgliedstaat gestatten, einen Teil des den Rechtsinhabern zustehenden gerechten Ausgleichs den Verlegern der von den Urhebern geschaffenen Werke zu gewähren, ohne dass die Verleger verpflichtet sind, die Urheber auch nur indirekt in den Genuss des ihnen vorenthaltenen Teils des Ausgleichs kommen zu lassen.

Die Entscheidung des EUGH wurde auch vom Bundesgerichtshof (BGH) mit Spannung erwartet, der ein Revisionsverfahren gegen eine Entscheidung des OLG München (ZUM 2014, 52 - abrufbar bei Beck Online) zum Verteilungsplan der Verwertungsgesellschaft Wort (VG WORT) ausgesetzt hatte, um das nun erfolgte Urteil abzuwarten (Az.: I ZR 198/13 - vgl. die Meldung vom 18.12.2014). 

Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels wertet das Urteil des EUGH laut Pressemitteilung vom 12. November 2015 als »höchst problematisch«. Er weist darauf hin, dass es seit dem frühen 19. Jahrhundert geltendes Recht sei, die Ausschüttungen von Verwertungsgesellschaften zwischen Verlagen und Autoren aufzuteilen, da die Verlage für ihre Leistungen honoriert werden müssten.

»Nur weil in der wichtigsten Richtlinie zum Urheberrecht das Wort Verlage fehlt, müsste jetzt eine über Jahrzehnte hinweg fruchtbare Zusammenarbeit von Autoren und Verlagen aufgekündigt werden«, erklärt Matthias Ulmer, Vorsitzender des Verleger-Ausschusses des Börsenvereins. Nun habe die EU-Kommission, die ohnehin an Urheberrechtsänderungen arbeite, die Pflicht, dies zügig zu korrigieren, »damit es bei der angemessenen und bewährten Aufteilungspraxis beleiben kann«. Falls die Kommission hier nicht umgehend tätig werde, so Ulmer weiter, seien die Verlage gezwungen, ihre Kalkulationen in jeder Beziehung anzupassen, auch was die Autorenvergütung betreffe. Dies betreffe auch Dienstleistungen, die Verlage im Rahmen des kooperativen Zusammenwirkens mit Autoren in der VG WORT erbringen. Als Beispiel wird in der Pressemitteilung das METIS-Meldesystem angeführt, das zugunsten der Urheber die Erfassung von online genutzten Texten ermöglicht.

Die VG WORT kündigte in einer Pressemitteilung vom 12. November 2015 an, die Entscheidung des EUGH gründlich zu analysieren und die sich aus dem Urteil ergebenden rechtlichen Konsequenzen zu prüfen. Im Rahmen der Ende November 2015 stattfindenden Sitzungen würden sich die Gremien der VG WORT über das weitere Vorgehen beraten.

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