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22.03.2012; 10:30 Uhr
Keine Annäherung im Koalitions-Dauerstreit um Vorratsdatenspeicherung
Brüssel setzt knappe Frist zur Richtlinienumsetzung

Die EU-Kommission droht Deutschland mit Konsequenzen, weil es die in 2006 beschlossene EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung (2006/24/EG) noch nicht in nationales Recht umgesetzt hat. Wie die »Süddeutsche Zeitung« berichtete, wolle Brüssel der Bundesregierung nun eine knappe Frist von vier Wochen setzen, »um einen vertragsgemäßen Zustand« herzustellen. Bei Nichteinhaltung der Frist drohe die Kommission mit einer Klage vor dem EuGH, der ein Zwangsgeld gegen Deutschland verhängen könnte. Die EU-Kommission sieht sich gleichzeitig mit dem Vorwurf konfrontiert, »ihre eigenen Aufgaben noch nicht erfüllt« zu haben. Im April 2011 hat die EU-Kommission selbst erhebliche Änderungen an der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung angekündigt, da bei deren Umsetzung in den Mitgliedstaaten »gravierende Mängel« zu Tage getreten seien, so Medienberichte. Bis heute habe die EU-Kommission keinen neuen Entwurf vorgelegt. Für Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ist es »nicht nachvollziehbar, dass die EU-Kommission die lange überfällige Überarbeitung (der Richtlinie) immer wieder aufschiebt und gleichzeitig auf die Umsetzung eines Auslaufmodells pocht«.

Seitdem das BVerfG im März 2010 das im Jahr 2007 verabschiedete Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung mit einem Grundsatzurteil als verfassungswidrig verworfen hat, wartet die Kommission auf eine Neuregelung. Um diese herrscht ein heftiger Streit zwischen den Koalitionsparteien CDU/CSU und FDP. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger will die Speicherung nur bei konkretem Anlass zu Zwecken der Terrorabwehr im Rahmen des sogenannten »Quick Freeze«-Verfahrens akzeptieren, bei dem die Daten auf Providerseite im konkreten Bedarfsfall eingeforen und den Behörden zur Verfügung gestellt werden. Ermittlungsbehörden und Unionsvertreter fordern dagegen, die Daten grundsätzlich sechs Monate auf Vorrat zu speichern. Bundeskanzlerin Angela Merkel soll nun den für das Telekommunikationsgesetz zuständigen Wirtschaftsminister Philipp Rösler aufgefordert haben, eine »schnelle« und »zeitnahe« Regelung vorzulegen. Die Kanzlerin habe den FDP-Vorsitzenden in Gegenwart von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ausdrücklich gebeten, sich dabei an der anlasslosen sechsmonatigen Speicherung von Verbindungs- und Standortdaten zum Zweck der Verbrechensbekämpfung zu orientieren, berichtet die »Leipziger Volkszeitung«.

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