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10.01.2012; 12:17 Uhr
OLG Rostock entscheidet über Leistungsschutzrechte an Tonträgern aus Drittstaaten für vor 1966 erbrachte Leistungen
Ende des langjährigen Rechtsstreits um frühe Tonträgeraufnahmen von Bob Dylan

Mit seinem Urteil vom 6. Juli 2011 (Az.: 2 U 38/03; Veröffentlichung in ZUM folgt) hat das OLG Rostock nach Zurückverweisung durch den BGH entschieden, dass Tonträgerhersteller aus Drittstaaten sich im Zusammenhang mit Aufnahmen, die vor Inkrafttreten des UrhG in den USA produziert und veröffentlicht wurden, in Deutschland auf den Leistungsschutz nach §§ 137 f Abs. 2, 85 Abs. 1 UrhG berufen können. Nach richtlinienkonformer Auslegung der §§ 137 f Abs. 2, 85 Abs. 1 UrhG seien die Vorschriften des Urheberrechtsgesetzes in der ab dem 1. Juli 1995 geltenden Fassung auch auf Tonträger anzuwenden, für die im Inland bisher zu keinem Zeitpunkt ein Schutz bestanden habe, wenn - und soweit - das Werk am 1. Juli 1995 nach dem Gesetz eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union geschützt war. Die Klägerin, Sony Music Entertainment, hatte ausgeführt, dass die streitgegenständlichen, in den Jahren 1964 und 1965 veröffentlichten Aufnahmen von Bob Dylan in Großbritannien unter dem Copyright Act aus dem Jahr 1956 Tonträgerschutz erlangt haben und dieser Schutz auch auf in den USA veröffentlichte Tonträger amerikanischer Hersteller ausgedehnt wurde. Nach umfassender Prüfung der Bestimmungen des britischen Rechts folgte das OLG Rostock den Ausführungen der Klägerin und sprach ihr das Recht zu, sich gemäß § 137 f UrhG, der Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie über die Schutzdauer des Urheberrechts und bestimmter verwandter Schutzrechte (Richtlinie 2006/116/EG) umsetze auf das Leistungsschutzrecht des Tonträgerherstellers nach § 85 UrhG zu berufen. Damit fand der seit 2002 anhängige Prozess vor dem OLG Rostock endgültig einen Abschluss.

In erster und zweiter Instanz versagten die Richter der Klägerin den Schutz nach § 85 UrhG, da dieser nur für Leistungen gelte, die nach dem 1. Januar 1966 erbracht worden seien und § 137 f UrhG nicht auf Tonträger anwendbar sei, für die im Inland zu keinem Zeitpunkt ein Schutz bestanden habe. Im Revisionsverfahren legte der BGH die Sache dem EuGH zur Vorabentscheidung vor. Die Auslegung der Vorschrift des Art. 10 Abs. 2 EG Schutzdauerrichtlinie durch den EuGH ergab, dass die in Art 2 Abs. 3 der Richtlinie vorgesehenen Schutzfristen gemäß Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie Anwendung finden, wenn der betreffende Gegenstand am Stichtag 1. Juli 1995 zumindest in einem Mitgliedstaat »auf Grund der Anwendung nationaler Bestimmungen im Bereich des Urheberrechts oder der verwandten Schutzrechte« geschützt war (vgl. Meldung vom 21. Januar 2009). Nach dem Grundsatz der richtlinienkonformen Auslegung urteilte der BGH entsprechend, dass die Vorschrift des § 137 f Abs. 2 UrhG - ungeachtet ihres entgegenstehenden Wortlauts - im Hinblick auf Art. 10 Abs. 2 der Schutzdauerrichtlinie auch auf Tonträger anzuwenden ist, für die im Inland zwar zu keinem Zeitpunkt ein Schutz bestanden hat, jedoch in einem anderem Mitgliedstaat (vgl. Meldung vom 10. März 2010). Da das Berufungsgericht bislang keine Feststellungen zu den von der Klägerin auf das nationale Recht Großbritanniens gestützte Behauptungen getroffen hatte, wies der BGH den Rechtsstreit an das OLG Rostock zurück.

 

Dokumente:

  • Urteil des EuGH vom 20. Januar 2009, Az.: C-240/07; ZUM 2009, 205 (Volltext bei Beck-Online)
  • Urteil des BGH vom 7 Oktober 2009, Az.: I ZR 80/04; ZUM 2010, 429 (Volltext bei Beck-Online)

Institutionen:

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