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30.01.2012; 12:42 Uhr
Bundestag verabschiedet Antrag zur »Digitalisierungsoffensive« für das kulturelle Erbe
Opposition fordert »mehr drive«

Am vergangenen Donnerstag verabschiedete der Bundestag einen Antrag (pdf-Datei), der eine »Digitalisierungsoffensive» für das kulturelle Erbe vorsieht. Die Bundesregierung wird aufgefordert, den Auf- und Ausbau der zentralen technischen Infrastruktur der »Deutschen Digitalen Bibliothek« (DDB) voranzutreiben, die Digitalisierung im Rahmen der DDB weiter zu intensivieren, dabei ein besonderes Augenmerk auf die Langzeitarchivierung zu legen und im lange geplanten »3. Korb« zur Urheberrechtsferorm Regelungen im Umgang mit verwaisten Werken vorzusehen. Ziel sei es, dass Wissen und Kulturgüter nicht nur digital gesichert, sondern auch - unter Wahrung des Urheberrechts - jedermann online über alle gewünschten Informationen verfügen kann. Mit der DDB, einem Gemeinschaftsprojekt von Bund, Ländern und Kommunen, das Ende 2009 beschlossen wurde (vgl. Meldung vom 2. Dezember 2009), werde das digitale Angebot der deutschen Kultur- und Wissenschaftseinrichtungen sukzessive vernetzt, über ein gemeinsames nationales Portal der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und in die Europäische Bibliothek »Europeana« integriert. Für die Onlinestellung »verwaister« Werke sollen die rechtlichen Voraussetzungen unter angemessener Berücksichtigung der Belange der Urheber im »3. Korb« geschaffen werden, heißt es in dem Antrag. Im Hinblick auf die vergriffenen Werke sei der Dialog mit den Rechteinhabern zu fördern.

Onlinemeldungen zu folge, warf Konstantin von Notz von den Grünen der Regierungskoalition eine »große Distanz zum Projekt Deutsche Digitale Bibliothek« vor. Schwarz-Gelb starte keine Offensive, sondern stelle sich auf die Bremse und verhindere die konsequente Umsetzung der Idee einer digitalen Wissensallmende. Siegmund Ehrmann forderte im Namen der SPD »mehr drive«. Der Koalitionsvertrag enthalte nur »schlappe Punkte« und kümmere sich nicht um aktuellere Werke. Reiner Deutschmann von der FDP kündigte einen neuen Entwurf für den »3. Korb« für das kommende Frühjahr an.

Bereits im Vorfeld der Verabschiedung des Antrages begrüßte der Deutsche Kulturrat e.V. in seiner Pressemitteilung die Debatte im Bundestag über die Digitalisierung von Kulturgütern. Er betont dabei »Digitalisierung ist nötig - Vergütung ist unabdingbar«. Es zeige sich bereits bei nicht gemeinfreien Werken des 20. Jahrhunderts das Problem, dass aufgrund unzureichender Mittel für die Vergütung der Urheber und anderer Rechteinhaber eine Digitalisierung nicht stattfinde und dadurch eine Rezeptionslücke entstehe. Auch für die Digitalisierung von Zeitungen seien dringend gesetzliche Lösungen zu finden. Der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates e.V., Olaf Zimmermann, sieht nach wie vor in der Vergütung einen »Knackpunkt«. Bedenklich sei die, bei der am Vortag der Debatte im Bundestag erfolgten Anhörung im Ausschuss für Kultur und Medien, geäußerte Forderung des Google-Vertreters, im anstehenden Gesetzesverfahren zur Digitalisierung von verwaisten und vergriffenen Werken auch die kommerzielle Verwertung zuzulassen. Dies würde nach Ansicht von Zimmermann eine »vollständig neue Diskussion, nicht nur über die Höhe der Vergütung, zwingend verlangen.« Bereits im Jahr 2010 hat der Deutsche Kulturrat e.V. einen Vorschlag zur Digitalisierung verwaister und vergriffener Werke für nicht kommerzielle Vorhaben vorgelegt.

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