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17.11.2006; 11:19 Uhr
Vorlage an den EuGH zur Klärung der Richtlinienkonformität des Verbreitungsrechts
BGH setzt Verfahren aus und fragt nach Reichweite der Verbreitung »in sonstiger Weise« im Sinne der Info-Richtlinie

Im Wege der Vorabentscheidung durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) will der Bundesgerichtshof Auskunft erhalten über die richtlinienkonforme Anwendbarkeit des deutschen urheberrechtlichen Verbreitungsrecht in Fällen, in denen der Gebrauch von Werkstücken urheberrechtlich geschützter Werke ohne Einräumung des Besitzes oder lediglich durch Zurschaustellen im Schaufenster ermöglicht wird. Dies entschied der I. Zivilsenat des BGH durch Beschluss am 5.10.2006 (Az. I ZR 247/03 - Veröffentlichung in der ZUM folgt).

Die Karlsruher Richter haben über die Revision der Klage eines italienischen Unternehmens zu entscheiden, das die weltweiten Rechte »Herstellungs- und Verkaufsrechte« von den Erben Le Corbusiers an einem Sessel- sowie einem Entwurf für ein Tischsystem erworben hatte. Die Klägerin hatte mit den Instanzurteilen einer deutschen Kommanditgesellschaft, die bundesweit Bekleidungsgeschäfte betreibt, untersagen lassen, in Italien - jedoch von einem dritten Unternehmen - erworbene Sessel- und Tisch-Nachbildungen in Verkaufsräumen - u. a. in so genannten Ruhezonen zur Nutzung durch Kunden oder im Schaufenster zu Dekorationszwecken - auszustellen. Mit der Revision verfolgt die Beklagte die Abweisung der Klage.

Der BGH differenziert nun verschiedene Aspekte des Sachverhalts, von denen der Erfolg der Revision abhänge und daher das Verfahren auszusetzen sei. So wollen die Richter vom EuGH geklärt wissen, ob mit dem Aufstellen der Möbel durch die Beklagte ein ausschließliches Verbreitungsrecht der Klägerin gem. §§ 15 Abs. 1 Nr 2, 17 UrhG verletzt werden kann, was nach Ansicht des BGH nur dann der Fall sei, wenn die Tathandlungen richtlinienkonform unter eine »Verbreitung an die Öffentlichkeit in beliebiger Form durch sonstige Weise« gem. Art. 4 Abs. 1 der EU-Informationsgesellschafts-Richtlinie (2001/29/EG) fielen. Hinsichtlich des Aufstellens der Werkstücke in den Ruhezonen könnte nach Meinung des Senats ein entsprechendes Verbreiten angenommen werden, auch wenn dabei keine Übertragung der tatsächlichen Verfügungsgewalt an den Werkstücken erfolge, bezüglich des Aufstellens im Schaufenster sei dies jedoch eher fernliegend. Sollten beide Fragen zu bejahen sein, sei ferner zu klären, ob die Ausübung eines derart aufgefassten Verbreitungsrechts wegen des Schutzes des freien Warenverkehrs einzuschränken sei, wenn die Abschottung nationaler Märkte drohe, weil in Deutschland dem Gebrauchszweck dienende kunstgewerbliche Erzeugnisse urheberrechtlich geschützt seien, nicht aber in Italien.

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