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25.02.2008; 10:34 Uhr
Keine Einflussnahme auf laufenden Schöpfungsprozess bei Bestellvertrag für ein Werk
OLG Hamm: Letztentscheidungsrecht für Besteller ist durch Vertragscharakter ausgeschlossen

Der Auftrag an einen Künstler, eine Oper in einem bestimmten Sinn umzuarbeiten, schließt das Recht aus, dem beauftragten Künstler weitere Vorgaben zu machen, die über den bei der Werkbestellung festgelegten Rahmen hinausgehen. Dies entschied das Oberlandesgericht Hamm (OLG Hamm) in einem jetzt bekannten gewordenen Urteil vom 4.12.2007 (Az. 4 U 125/07 - ZUM-RD 2008, 199-202, Heft 4).

Aus Anlass des Mozartjubiläums 2006 vereinbarte die Beklagte, die Städtischen Bühnen Münster, mit dem Kläger, einem freischaffenden Künstler, Musiker und Komponisten, dass dieser zusammen mit einem Librettisten und Regisseur die Mozartoper »Così fan tutte« in einer modernen Form jugendgerecht bearbeiten sollte. Sowohl die erste als auch die überarbeitete Librettofassung fand kein Gefallen bei der Beklagten wegen mangelnder Jugendtauglichkeit. Nachdem der Kläger zwar Änderungen an der Textfassung hinnehmen wollte, jedoch nicht in einschneidender, sinnentstellender Form gegenüber der Originalfassung, teilte die Beklagte dem Kläger daraufhin mit, keinen Vertrag mit ihm abzuschließen, da er branchenübliche Einfluss-, Änderungs- und Letztentscheidungsrechte nicht akzeptieren wolle. Die Klage aus eigenem und abgetretenem Recht auf Zahlung des Honorars abzüglich der ersparten Aufwendungen wies das Landgericht Münster ab; die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hatte jedoch Erfolg.

Nach Ansicht des OLG Hamm sei der zwischen dem Kläger und der Beklagten wirksam zustandene Bestellvertrag, auf den Werkvertragsrecht anzuwenden ist, lediglich allgemein und ohne Angabe von Gründen gekündigt worden, was aber die Entgeltpflicht unberührt lasse. Unter Berücksichtigung der sich aus dem Urheberrecht ergebenden Besonderheiten für ein noch zu schaffendes Werk könne der Besteller nur durch Vorgaben bei Vertragsschluss Einfluss auf die Gestaltung des Werks nehmen. Danach schaffe der Künstler das Werk in eigener Verantwortung, ein abweichendes Ergebnis sei mit der durch Art. 5 Abs. 3 GG geschützten Kunstfreiheit nicht zu vereinbaren. Hier aber habe sich der Kläger im Rahmen des von der Beklagten Vorgegebenen bewegt, weshalb die Beklagte zur Abnahme verpflichtet sei. Auch sei ein Letztentscheidungsrecht weder konkludent durch das Entgegenkommen des Klägers noch nachträglich ausdrücklich vereinbart worden. Ferner bestehe kein Raum für eine ergänzende Vertragsauslegung, da es Merkmal des streitgegenständlichen Werkvertrags in Form des Bestellvertrages sei, ein solches Letztentscheidungsrecht auszuschließen. Dafür, dass die Beklagte eine entsprechende Branchenübung als allgemeine Geschäftsbedingung zum Vertragsinhalt gemacht habe, sei hier nichts ersichtlich.

Institutionen:

Zu diesem Thema:

  • Zur Auslegung von Bestellverträgen, Urteil des BGH vom 15. März 1984 - I ZR 218/81 - Bestellvertrag - FuR 1984, 379-382
[IUM/hl]

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