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03.07.2001; 14:29 Uhr
Bühnenverein: Neues Urhebervertragsrecht verstößt gegen Tarifautonomie
Verband kritisiert im Gesetzentwurf vorgesehenes Schiedsverfahren

Das von der Bundesregierung geplante neue Urhebervertragsrecht verstößt nach Ansicht des Deutschen Bühnenvereins gegen die Tarifautonomie. Das erklärte der Direktor des Bühnenvereins, Rolf Bolwin, am 3.7.2001 in Köln. Die Kritik des Verbands, der die Interessen von rund 430 deutsche Theatern, Bühnen und Rundfunkveranstaltern vertritt, richtet sich vor allem gegen das im Gesetzentwurf enthaltene Schiedsverfahren. Nach den Worten Bolwins befürchtet der Bühnenverein, dass die Gewerkschaften durch die Durchführung von Schiedsverfahren Arbeitgeber zum Abschluss von Gesamtvereinbarungen über urheberrechtliche Vergütungen zwingen können. Das sei nicht vereinbar mit der grundgesetzlich gewährleisteten Tarifautonomie. "Wenn Arbeitgeber und Gewerkschaften sich nicht einig werden, haben die Gewerkschaften das Recht, zu streiken", meinte Bolwin. Eines staatlich verordneten Schiedsverfahrens bedürfe es nicht. Die entsprechende Regelung im vorliegenden Gesetzentwurf müsse gestrichen werden.

Während der Widerstand der deutschen Verwertungswirtschaft gegen die geplanten Neuregelungen wächst, haben Urhebervertreter das Gesetzesvorhaben nochmals ausdrücklich begrüßt. Der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV), Siegfried Weischenberg, fordert am 2.7.2001, das neue Urhebervertragsrecht müsse Gesetz werden. Der Gesetzentwurf trage dazu bei, dass die "legale Ausbeutung" von freien Journalisten und Autoren ein Ende habe und sich "Leistung künftig auch für die Kreativen lohnt", meinte Weischenberg in der vom DJV herausgegebenen Zeitschrift journalist. Eine gesetzlich verankerte angemessene Vergütung für Urheber sei "nur recht und billig" und für Anwälte, Ärzte und Rechtsanwälte längst selbstverständlich. Der DJV-Präsident äußerte die Befürchtung, dass die "unheilige Allianz" von Verlagen, Medienindustrie und Rundfunkunternehmen nun "zum letzten Gefecht" rüsten und die Parlamentarier gezielt gegen den Gesetzentwurf einzunehmen versuchen würde. Weischenberg kündigte an, man werde alles dafür tun, "dass die Rechnung von Leuten nicht aufgeht, die weiterhin ungestört ihre Geschäfte auf Kosten von Autoren machen wollen".

Die Bundesregierung hat ihren Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der vertraglichen Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern am 1.6.2001 ins Gesetzgebungsverfahren eingebracht, am 28.6.2001 wurde er im Bundestag in erster Lesung beraten. Nach dem Gesetzesvorschlag können Urheber von jedem, der berechtigterweise ihre Werke nutzt, eine nach Art und Umfang der Werknutzung "angemessene Vergütung" und die zu ihrer Geltendmachung erforderlichen Auskünfte verlangen. Die Höhe der Vergütung regelt der Gesetzentwurf nicht. Die Angemessenheit eines Nutzungsentgelts soll nach dem Entwurf aber vermutet werden, wenn das Entgelt in einem Tarifvertrag oder in "gemeinsamen Vergütungsregeln" festgelegt ist. Aufgestellt werden sollen diese gemeinsamen Vergütungsregeln von Urheber- und Werknutzervereinigungen, die "repräsentativ, unabhängig und zur Aufstellung ermächtigt" sein sollen. Im Streitfall soll über die Regeln ein Schiedsgericht entscheiden, gegen dessen Beschluss den Beteiligten die Klage zu den ordentliche Gerichten offenstehen soll. Verjähren sollen die gesetzlichen Vergütungsansprüche drei Jahre nach Kenntnis des Urhebers von ihrem Entstehen, ohne Rücksicht auf diese Kenntnis in zehn Jahren nach diesem Zeitpunkt.

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