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17.11.2011; 17:27 Uhr
Stop Online Piracy Act (SOPA) zur Bekämpfung von Urheberrechtsverletzungen stößt auf heftigen Widerstand
Kritiker: Schlimmere Zensur als in China - Befürworter: Ohne SOPA bricht Urheberrecht zusammen

Der Ende Oktober 2011 in den USA vorgelegte Entwurf eines neuen Anti-Piraterie-Gesetzes, des »Stop Online Piracy Act« (SOPA), stößt auf heftigen Widerstand. Das Gesetz ähnelt dem ebenfalls aktuellen »PROTECT-IP«-Gesetz, welches aufgrund eines Vetos aus dem Senat noch nicht verabschiedet wurde. »SOPA« soll den US-Generalanwalt ermächtigen, per Anzeige Provider und Suchmaschinen anzuhalten, rechtswidrige Inhalte auf Internetseiten zu entfernen und Internetseiten außerhalb der USA zu blockieren. So sollen US-Nutzer daran gehindert werden, auf illegale Inhalte auf Seiten außerhalb der USA zuzugreifen. Ferner soll auch Privatunternehmen das Recht eingeräumt werden, Zahlungsdienstleistern Geschäftsbeziehungen zu angeblichen Urheberrechtsverletzern zu untersagen. Ist eine Webseite als Piraterie-Seite identifiziert, sollen die Betroffenen fünf Tage Zeit haben, um entsprechend zu reagieren. Für die genannten Maßnahmen sollen Anhaltspunkte reichen, aus denen sich eine Begünstigung von Copyright-Verletzungen seitens der Webseitenbetreiber ergibt. »SOPA« richtet sich gegen Internetseiten, die ganz oder teilweise auf Rechteinhaber in den USA gerichtet seien und entweder direkt gegen US-Recht verstoßen, Verstöße erleichtern bzw. ermöglichen oder keine ausreichenden Maßnahmen ergriffen haben, um Verstöße zu vermeiden.

Gestern fand eine Anhörung von Unternehmensvertretern aus den Bereichen Technologie und Social Media vor dem Justizausschuss des US-Repräsentantenhauses statt. »U.S. Register of Copyrights« Maria Pallante äußerte, dass ohne Maßnahmen wie »SOPA« das Urheberrechtssystem scheitern werde und sogar noch weitere Maßnahmen erforderlich seien. Die Unterstützer des »SOPA« argumentieren, dass amerikanische Rechteinhaber gezwungen seien, zuzusehen, wie ihre Werke durch ausländische Verletzer außerhalb der Reichweite der aktuellen US-Gesetze gestohlen werden. Der »SOPA« aktualisiere die bestehenden Gesetze und gewährleiste die in der amerikanischen Verfassung verankerten Grundsätze zum Schutz des geistigen Eigentums auch auf dem globalen Markt des 21. Jahrhunderts. Ziel sei es, »den Geldfluss zu ›Schurken-Webseiten‹ zu stoppen und sicherzustellen, dass die Erlöse amerikanischer Innovationen an amerikanische Innovatoren gehen«.

Zu den Gegnern des Gesetzesentwurfes zählen Unternehmen wie Google, Facebook, Twitter, Yahoo!, AOL und eBay. Auch US-Rechtsprofessoren kritisieren »SOPA« in einem Brief an das US-Repräsentantenhaus. Das Gesetz würde nicht nur die Meinungsfreiheit (1st Amendment) verletzen, es würde auch generelle Auswirkungen auf Innovation und Wettbewerb haben und die Vorreiterrolle der USA in Sachen Demokratie und Meinungsfreiheit untergraben. »SOPA« könnte als eindeutige und unmissverständliche Botschaft an die Welt verstanden werden, dass die umfassende Zensur der Meinungsfreiheit im Internet zulässig und zu akzeptieren sei. Noch nicht einmal China verlange von ausländischen Providern, Seiten aus dem Suchindex zu streichen.  

Gegen das Argument der Meinungsfreiheit wird eingewendet, dass der Schutz der Urheber die Meinungsfreiheit ergänze und nicht bekämpfe. So führt der Jurist Terry Hart einen der Väter der US-Verfassung, John Adams an: »Ohne den Schutz von Eigentum gibt es keine Freiheit«. Er beruft sich auf ein Gutachten, laut dem Urheberrechtsverletzungen »noch nie von der Meinungsfreiheit gedeckt« gewesen seien und daher offline wie online verfolgt würden.

Die Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation erörtert, warum populäre Seiten wie »Flickr« und »Vimeo« von den neuen Bestimmungen betroffen sein dürften und entwirft eine Benachrichtigung, wie sie nach Verabschiedung des Gesetzes aussehen könnte. »Vimeo« veröffentliche z.B. Filme, deren Autoren sich auf »Fair Use« berufen. Das Unternehmen wurde deswegen schon von »Capitol Records« verklagt. Nach »SOPA« wäre bereits der Tatbestand der Förderung von Urheberrechtsverletzungen erfüllt und könnte dazu führen, die Geschäftsbeziehung zu »Vimeos« Geldgeber zu unterbrechen. Copyright-Reformer Kirby Ferguson schätzt die Lage anders ein. Danach betrifft das Gesetz weniger etablierte Unternehmen, als Start-ups. Sperren großer Anbieter wie Facebook könnten leicht umgangen werden, ein junges Unternehmen hätte aber keine Chance zu wachsen, wenn das Geld ausbleibt.

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