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09.08.2006; 19:06 Uhr
Bei Verkauf originalverpackter Fernsehgeräte keine Rundfunkgebührenpflicht
VGH Kassel gibt Klage von Aldi in Hessen gegen Gebührenbescheid statt

Der Lebensmitteldiscounter Aldi muss in Hessen keine Rundfunkgebühren für Fernseh- und Rundfunkempfangsgeräte zahlen, wenn diese originalverpackt in einer Filiale ohne Vorführung zum Verkauf angeboten werden. Dies entschied der Hessische Verwaltungsgerichtshof Kassel (VGH Kassel) am 27.6.2006 durch Beschluss (Az. 10 UE 43/06 - Veröffentlichung in der ZUM folgt) laut einer Pressemitteilung vom 8.8.2006.

Eine in Hessen mehrere Aldi-Filialen betreibende Gesellschaft hatte gegen einen Gebührenbescheid des Hessischen Rundfunks (HR) geklagt. Darin erlegte der Beklagte der Klägerin wegen des Verkaufs von Fernseh- und Rundfunkgeräten die Zahlung von Rundfunkgebühren für jeweils ein Fernseh- und Hörfunkgerät für eine ihrer Filialen auf. Das Verwaltungsgericht schloss sich der Auffassung des Beklagten an, wonach die Klägerin als Rundfunkteilnehmerin zu qualifizieren sei, da sie ein uneingeschränktes Bestimmungsrecht über die von ihr angebotenen Empfangsgeräte verfüge, und wies die Klage ab.

Dieser Ansicht folgte der VGH Kassel nicht, gab der Klage statt und hob den Gebührenbescheid auf. Die Klägerin sei deshalb keine Rundfunkteilnehmerin im Sinne des Rundfunkgebührenstaatsvertrages (RGebStV) in seiner Fassung von 1991, weil sie die Empfangsgeräte »von vornherein bestimmungsgemäß nur zum Verkauf bereithalte und die Konzeption des Verkaufs dahin gehe, diese Geräte gerade nicht vorzuführen, also in der Verkaufsstelle vor dem Verkauf nicht den Empfang von Fernseh- und Rundfunksendungen zu ermöglichen«. Zudem hätte für den entscheidungserheblichen Zeitraum nicht nachgewiesen werden können, dass zumindest ein Fernseh- oder Rundfunkempfangsgerät den Kunden vorgeführt worden sei. Die Revision ließ das Gericht nicht zu.

Mit diesem Beschluss liegt der VGH Kassel auf einer Linie mit der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz. Dieses hatte den einschlägigen § 2 Abs. 2 Satz 1 RGebStV, nach dem für jedes zum Rundfunkempfang bereit gehaltenes Empfangsgerät eine Gebührenpflicht entstehe, einschränkend ausgelegt, da eine Nutzung der zum Verkauf angebotenen Geräte bewusst ausgeschlossen worden sei (Urteile vom 4.11.2004, ZUM 2005, 416 und vom 18.7.2005, ZUM-RD 2005, 528). Diese Sichtweise lehnt der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg ab. Seiner Auffasssung nach könnten die Geräte ohne besonderen technischen Aufwand zum Empfang benutzt werden, auf den Willen der utzungsberechtigten käme es nicht an (Urteil vom 8.3.2003, ZUM 2003, 697).

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