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02.05.2012; 16:45 Uhr
EuGH: Funktionalität eines Computerprogramms und Programmiersprache urheberrechtlich nicht geschützt
»Funktionalitätenschutz würde Monopolisierung von Ideen ermöglichen«

Der EuGH hat heute in der Rechtssache SAS Institute Inc. vs. World Programming Ltd entschieden (Urteil vom 2. Mai 2012, Az.: C-406/10; Veröffentlichung in ZUM bzw. ZUM-RD folgt), dass die Funktionalität eines Computerprogramms und die Programmiersprache nicht urheberrechtlich geschützt sind. Damit folgte der EuGH der Auffassung des Generalanwalts Yves Bot in seinen Schlussanträgen vom 29. November 2011 (ausführlich auch zum Sachverhalt vgl. Meldung vom 29. November 2011).

Der EuGH weist darauf hin, dass die Richtlinie über den Rechtsschutz von Computerprogrammen (Richtlinie 91/250/EWG) den urheberrechtlichen Schutz auf alle Ausdrucksformen der eigenen geistigen Schöpfung des Urhebers des Programms erstrecke. Ideen und Grundsätze, die irgendeinem Element eines Computerprogramms zugrunde liegen, einschließlich der den Schnittstellen zugrunde liegenden Ideen und Grundsätze, seien dagegen nicht im Sinne der Richtlinie urheberrechtlich geschützt. Der so geschaffene Schutzgegenstand beziehe sich nur auf das Computerprgramm in allen seinen Audrucksformen wie Quellcode und Objektcode, die seine Vervielfältigung in den verschiedenen Datenverarbeitungssprachen erlauben. Nach Auffassung des EuGH stellen weder Funktionalität eines Computerprogramms noch die Programmiersprache eine in diesem Sinne urheberrechtlich zu schützende Ausdrucksform dar.

Wie bereits der Generalanwalt betont auch der Gerichtshof, dass ein Funktionalitätenschutz zur Möglichkeit der Monopolisierung von Ideen und demnach zum Schaden des technischen Fortschritts und der industriellen Entwicklung führen würde.

Der EuGH geht in der Entscheidung davon aus, dass die Beklagte keinen Zugang zum Quellcode des Programms der Klägerin hatte und den Objektcode dieses Programms nicht dekompiliert habe. Die Beklagte habe als rechtmäßige Erwerberin der Lizenz ohne Zugang zum Quellcode das Programm nur beobachtet, untersucht und getestet und auf dieser Grundlage seine Funkionlität vervielfältigt, wobei sie dieselbe Programmiersprache und dasselbe Dateiformat verwendet habe. Dieses Verhalten sei von der Richtline erfasst und dürfe auch vertraglich nicht untersagt werden. Würde sich ein Dritter aber den Teil des Quell- oder Objektcodes beschaffen, der sich auf die Programmiersprache oder das Dateiformat bezieht und würde er mit Hilfe dieses Codes in seinem eigenem Computerprogramm ähnliche Komponenten erstellen, könnte dieses Verhalten vom Urheber des Programms möglicherweise verboten werden, so der Gerichtshof.

Dokumente:

[IUM/ct]

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