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28.10.2015; 15:16 Uhr
EU-Parlament beschließt Verordnung zur Netzneutralität und zur Abschaffung der Roaminggebühren
Kritiker befürchten die Errichtung eines Zwei-Klassen-Internets - Roaminggebühren sollen ab dem 15. Juni 2015 fallen

Das Datenroaming soll ab dem 15. Juni 2015 größtenteils abgeschafft sein. Das bedeutet, dass für Telefonminuten, SMS oder Daten im EU-Ausland keine extra Gebühren mehr anfallen. Dies hat das Europaparlament am 27. Oktober 2015 zahlreichen Medienberichten desselben Tages zufolge durch die Zustimmung zur Verordnung über Maßnahmen zum offenen Internet und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 531/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juni 2102 über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Union beschlossen.

Um die Telekommunikationsfirmen vor einem permanenten Datenroaming zu schützen, enthält die Neuregelung eine Fair-Use-Klausel. Diese sieht laut einem Bericht der »Zeit« vom 27. Oktober 2015 vor, dass die Befreiung von Roaminggebühren nur für eine angemessene Nutzung des Handys im Ausland gilt. Kunden soll es damit nicht möglich sein, ihre SIM-Karte zu günstigeren Konditionen im EU-Ausland zu kaufen, aber zu Hause zu nutzen. Nach der Fair-Use-Klausel können dem Bericht der »Zeit« zufolge bspw. bestimmte Obergrenzen für die Dauer von Telefonaten und die Zahl der versandten SMS festgesetzt werden. Die Einzelheiten zu der Klausel sollen die EU-Kommission und die zuständige Europäische Regulierungsbehörde (GEREK) bis Dezember 2016 festlegen.

Bevor Mitte 2017 die Roaminggebühren fallen, sollen sie am 30. April 2016 zunächst noch sinken. Nach Angaben der »Zeit« sind die Tarife dann für Gespräche bei 5 Cent pro Minute und 2 Cent pro SMS gedeckelt. Bei der Internetnutzung dürfen 5 Cent pro Megabyte Daten nicht überschritten werden. Wie »Faz.net« am 27. Oktober 2015 berichtet, liegen die derzeit geltenden Preis-Obergrenzen bei 19 Cent für abgehende Anrufe, 6 Cent pro SMS und 20 Cent pro Megabyte Daten. 

Der zweite Regelungsbereich der Verordnung behandelt die Netzneutralität. Die Regelungen hierzu sind umstritten. Die Kritiker befürchten unter anderem die Errichtung eines Zwei-Klassen-Internets. Laut einem Bericht von »Beck Aktuell« vom 27. Oktober 2015 verpflichtet das neue Gesetz die Anbieter von Internetzugangsdiensten, den gesamten Verkehr bei der Erbringung solcher Dienstleistungen gleich zu behandeln, ohne Diskriminierung, Beschränkung oder Störung sowie unabhängig von Sender und Empfänger, den abgerufenen oder verbreiteten Inhalten, den genutzten oder bereitgestellten Anwendungen oder Diensten oder den verwendeten Endgeräten. Allerdings ist ein so genanntes »angemessenes Verkehrsmanagement« vorgesehen, inklusive der Drosselung bestimmter Dienste oder Inhalte. Dieses soll zum Beispiel bei gerichtlichen Anordnungen, zur Vorbeugung gegen Cyberangriffe oder zur Vermeidung von Netzüberlastungen greifen.

Diese Maßnahmen sollten »transparent, nichtdiskriminierend und verhältnismäßig« sein und nicht länger dauern als unbedingt nötig. Der Text sieht laut Parlament zudem vor, dass Internetanbieter Spezialdiensten für Internet-TV, Videokonferenzen oder bestimmte Anwendungen im Gesundheitswesen eine benötigte verbesserte Internetqualität anbieten dürfen, jedoch nur unter der Bedingung, dass sich dies nicht auf die allgemeine Internetqualität auswirkt. Wie die »Zeit« berichtet, halten Kritiker die Formulierungen zu den Ausnahmen der Netzneutralität für vage und fürchten, dass die diese dadurch praktisch abgeschafft wird. 

In dem Bericht heißt es weiter, dass Sir Tim Berners-Lee, der Erfinder des World Wide Web, die Europaabgeordneten vor einer Sonderbehandlung von Spezialdiensten gewarnt hatte. Es handle sich dabei um Überholspuren, für die man extra zahlen müsse. Betroffen davon seien Start-ups, kleine Unternehmen, Künstler, Aktivisten und Erzieher in Europa und der ganzen Welt. 

Dokumente:

[IUM/kr]

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