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08.11.2005; 11:56 Uhr
Privatradiosender muss für Live-Berichterstattung aus Fußballstadion zahlen
Radio Hamburg unterliegt gegen Hamburger Fußballvereine

Fußballvereine dürfen von privaten Hörfunksendern Geld für Live-Bundesligaspielberichte verlangen, wenn die Berichterstattung aus den Stadien der Vereine erfolgt. Wie der Bundesgerichtshof (BGH) in einer Pressemitteilung vom 8.11.2005 mitteilte, bestätigte der Kartellsenat (Az. KZR 37/03 - Veröffentlichung in der ZUM folgt) am gleichen Tag die vorinstanzlichen Entscheidungen des OLG Hamburg vom 12.6.2003 (ZUM 2003, 782 ff.) und des LG Hamburg vom 26.4.2002 (ZUM 2002, 655 ff.). Im Fall hatte der Privatsender Radio Hamburg stellvertretend für insgesamt 60 Privatsender gegen die Deutsche Fußball-Liga (DFL), den Hamburger Sportverein (HSV) und den FC St. Pauli geklagt, nachdem die Beklagten Mitarbeitern des Senders in der Saison 2000/2001 den Zutritt zu den Stadien in Hamburg nur gegen Zahlung einer Lizenzgebühr gewähren wollten.

Wie die Vorinstanzen wies der BGH die Klage unter Hinweis auf das aus §§ 858 ff., 1004 BGB abzuleitende Hausrecht der Fußballclubs und der DFL in den Stadien ab. Das Hausrecht, das den Beklagten als (Mit-)Veranstaltern zustehe, bilde eine ausreichende Grundlage dafür, den Zutritt von Hörfunkveranstaltern von der Entrichtung von Entgelten für die Hörfunkberichterstattung aus dem Stadion abhängig zu machen. Die Zahlung eines über dem regulären Eintrittspreis liegenden Entgelts ist nach Ansicht der Karlsruher Richter gerechtfertigt, da »ein Hörfunkveranstalter den ihm gewährten Zutritt zum Stadion und zu dem dort veranstalteten Spiel intensiver nutzt als ein normaler Zuschauer oder auch Pressevertreter«. Dies verdeutlichten die von Radio Hamburg für seine Radio-Reporter in Anspruch genommenen Leistungen wie die Presseplätze, die Teilnahme an allen Pressekonferenzen, der Zutritt zu den »Mixed-Zonen«, der Arbeitsplatz und die technischen Dienstleistungen.

Damit folgte das Gericht der Argumentation der Beklagten, die ihre Forderung nach einer Vergütung für die Live-Berichterstattung aus Stadien auf ihr Hausrecht stützten. Der Sender dagegen war der Auffassung, Radiosender dürften kostenlos aus den Stadien berichten. Dabei berief er sich auf sein grundgesetzlich geschütztes Recht auf freie Berichterstattung. Die Radioberichte entstünden auf Grund einer schöpferischen Eigenleistung der Reporter und, anders als bei Fernsehübertragungen, nicht durch die bloße Wiedergabe eines tatsächlichen Geschehens. Dem setzten die Richter das Grundrecht auf Berufsfreiheit der Veranstalter entgegen. Müsste der Veranstalter Rundfunkübertragungen von Bundesligaspielen unentgeltlich ermöglichen, wäre ihm ein Teil der wirtschaftlichen Verwertung seiner Leistung genommen.

Nach einer Pressemitteilung des VPRT vom 8.11.2005 sieht der Vorsitzende des Fachbereichs Hörfunk im VPRT, Hans-Dieter Hillmoth, in der Entscheidung eine große Gefahr für die freie Sportberichterstattung. »Die Rundfunkfreiheit wird den kommerziellen Interessen der Vereine untergeordnet. Es ist nun zu befürchten, dass sich das Urteil auch jenseits der Fußballberichterstattung zu Lasten des Hörers auswirken wird. Was in einem ersten Schritt für den Hörfunk gilt, kann schnell auch zu einem Thema für unsere Print- und Fotokollegen werden«, so Hillmoth. Er kündigte eine Prüfung der Möglichkeiten an, die verfassungsrechtliche Rundfunkfreiheit in Zukunft abzusichern. Hier zog er eine klarstellende Regelung im Rundfunkstaatsvertrag in Betracht. Daneben schloss er die Einlegung einer Bundesverfassungsbeschwerde nicht aus.

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