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28.07.2006; 18:10 Uhr
LG Hamburg untersagt Ausstrahlung eines WDR-Films über Contergan-Skandal
Keine für das Publikum ausreichende Verfremdung zwischen Wahrheit und Erdichtetem

Die Ausstrahlung des fiktionalen WDR-Zweiteilers »Eine einzige Tablette« bleibt endgültig untersagt. Das Landgericht Hamburg (LG Hamburg) hat am 28.7.2006 eine dahingehende einstweilige Verfügung durch Urteil bestätigt, wie die Antragstellerin, die Aachener Pharmafirma Grünenthal GmbH in einer Pressemitteilung vom selben Tag verbreitete (Veröffentlichung des Urteils in der ZUM folgt).

Das Pharmaunternehmen, das das Arzneimittel »Contergan« entwickelt und vermarktet hatte, hatte sich am 15.3.2006 mit einer einstweiligen Verfügung gegen den Westdeutschen Rundfunk (WDR) und die Produktionsfirma Zeitsprung erfolgreich gegen »15 Falschdarstellungen im Drehbuch« gewehrt (siehe Meldung vom 16.3.2006). Mit ihrem Fernsehfilm wollten WDR und Zeitsprung den Contergan-Skandal als ein brisantes Thema deutscher Geschichte in künstlerischer Form aufarbeiten. Nach Ansicht von Grünenthal handelte es sich aber bei den untersagten Szenen um Schlüsselszenen, die die Ereignisse um den Contergan-Skandal schwerwiegend entstellten.

Nach Widerspruch der Antragsgegner gab das LG Hamburg der Antragsstellerin weitgehend Recht. Das Persönlichkeitsrecht der Antragstellerin überwiege gegenüber der Kunstfreiheit der Antragsgegner, begründete das Gericht laut einem Artikel der »faz.net« vom 28.7.2006 seine Entscheidung. »Eine ausreichende Verfremdung der aus der Wirklichkeit entlehnten Vorgänge läßt sich nicht feststellen«, weshalb das Publikum nicht zwischen Wahrheit und Erdichtetem unterscheiden könne. Der WDR kündigte unterdes an, gegen das Urteil Berufung einlegen zu wollen. »Die Entscheidung ist kein gutes Signal für die fiktionale Aufarbeitung von wichtigen zeitgeschichtlichen Ereignissen unseres Landes«, so Ulrich Deppendorf, WDR-Fernsehdirektor.

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