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30.08.2004; 17:27 Uhr
Zeitschriftenverleger drängen auf Vorgehen gegen »Caroline-Urteil« des EGMR
Offener Brief an Schröder - Einschränkung der Pressefreiheit

Knapp zwei Monate nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EMRK) vom 24.6.2004 (ZUM 2004, 651) drängen die deutschen Zeitschriftenverleger die Bundesregierung gegen das die Berichterstattung über Prominente einschränkende Urteil Einspruch einzulegen. Laut einer Pressemitteilung der Verbands Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) vom 27.8.2004 zeigte sich Geschäftsführer Wolfgang Fürstner beunruhigt, da für die Begründung des Rechtsmittels keine vier Wochen Zeit mehr verbleiben. Die Berichterstattung in Bild und Wort über bekannte Personen des öffentlichen Lebens dürfe nicht zu einer Hofberichterstattung reduziert werden, indem man ihre Zulässigkeit von der Genehmigung der Betroffenen abhängig mache. Dies beklagten ebenfalls acht führende Zeitschriftenverleger in einem offenen Brief an Bundeskanzler Gerhard Schröder. Sie befürchten hierdurch eine Steuerung der Presse durch die Prominenten dahingehend, dass zukünftig lediglich das Angenehme veröffentlicht werden dürfe, das Unangenehme aber mangels Einwilligung nicht an die Öffentlichkeit gelange. Zu den Unterzeichnern zählen Hubert Burda, Heinz H. Bauer, Mathias Döpfner (Verlag Axel Springer), Bernd Kundrun (Gruner + Jahr), Thomas Ganske, Georg Dieter von Holtzbrinck, Bodo Hombach (WAZ) und Karl Dietrich Seikel (Spiegel Verlag).

Nach dem Urteil des EGMR ist die deutsche Rechtsprechung zu dem Schutz der Privatsphäre von Prinzessin Caroline von Hannover als Person der Zeitgeschichte mit Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht zu vereinbaren. Im Fall hatte sich Caroline von Hannover gegen ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 15.12.1999 (Az. 1 BvR 653/96 - ZUM 2000, 149) gewandt. Danach müsse die Prinzessin als Person der Zeitgeschichte die Veröffentlichung von Fotos hinnehmen, die sie an öffentlich zugänglichen Orten zeigen. Die Richter in Straßburg entschieden zu Gunsten der Klägerin. Die Öffentlichkeit habe kein legitimes Interesse daran zu erfahren, wo sich Caroline von Hannover aufhalte und wie sie sich in ihrem Privatleben verhalte. Nach deutschen Presseberichten prüft die Bundesregierung derzeit die Erfolgsaussichten eines Rechtsmittels.

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