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15.11.2007; 09:45 Uhr
Überwiegend negatives Echo auf TK-Review-Vorschläge aus Brüssel
Bundesregierung und Länder gegen EU-Regulierungsbehörde - Beck und ARD sehen weiterhin Rundfunkprivileg in Gefahr - VPRT sieht erste Ansätze in richtige Richtung

Das am vergangenen Dienstag beratene und vorgestellte »Telekom-Reformpaket« der Europäischen Kommission stößt bei Politik und Rundfunkanstalten vornehmlich auf Kritik. Die zuständige EU-Kommissarin Viviane Reding will mit dem von ihr iniziierten Vorstoß einen einheitlichen Telekom-Binnenmarkt schaffen und hier mehr Wettbewerb zum Nutzen von Verbrauchern und neuartiger Diensteanbieter.

Zur schnellen Erreichung dieser Ziele soll eine neue europäische Regulierungsbehörde für Telekommunikation beitragen. Die Bundesregierung hingegen will laut dem Berliner »Tagesspiegel« mit aller Macht einen möglichen Bedeutungsverlust der nationalen Regulierer verhindern. Im Übrigen stehe laut dem Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Bernd Pfaffenbach eine solche Behörde dem Willen der Bundesregierung entgegen, die Regulierung im Telekommunikationssektor abzubauen. Nach Ansicht Kurt Becks - in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der Rundfunkkommission der Länder - würde dies zudem zu einer weitgehende Verlagerung der Kompetenzen bei der Frequenzverwaltung auf die EU-Ebene führen, die überdies zu mehr Bürokratie führte. Für den MdB Martin Dörmann, (SPD) hätte dies zur Folge, dass nationale Besonderheiten in Zukunft immer weniger berücksichtigt werden könnten.

Ein weiterer Punkt des »TK-Pakets« ist die Flexibilisierung der Frequenzvergabe unter gleichzeitiger Nutzung der digitalisierungsbedingten »digitalen Dividende« bei den Übertragungskapazitäten. Reding strebte hier einen weitgehend wirtschaftlichen Ansatz an. Dies war bereits in den vergangenen Monaten wiederholt kritisiert worden - siehe Meldungen vom 23.10. und 18.6.2007 - und führt auch jetzt zu einhelliger Ablehnung bei Beck, ARD und dem Verband privater Rundfunk und Telemedien e.V. (VPRT). Sie alle sehen die Gefahr, dass der - öffentlich-rechtliche wie auch private - Rundfunk in seinen Entwicklungschancen behindert werden könne, da der Gestaltungsspielraum dadurch der EU-Mitgliedstaaten zu stark eingeschänkt werde. »Must Carry-Regeln und Regeln zum ungehinderten technischen Zugang zu Netzinfrastrukturen werden in der digitalen Welt immer wichtiger«, so ARD-Chef Fritz Raff.

Der VPRT wies aber zugleich darauf hin, dass in dem nunmehr vorgestellten Paket der Kommission immerhin Ansätze vorhanden seien, die den Mitgliedsstaaten weiterhin Möglichkeiten zur nationalen Vielfaltsicherung einräumen könnten. Tatsächlich betont die Kommission in ihrer Mitteilung zur »effektiven Nutzung der digitalen Dividende in Europa«, die sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Bedürfnisse der Verbraucher im Auge zu haben. Ferner sollen bei der angestrebten Flexibilisierung Vorkehrungen getroffen werden, dass nationale Besonderheiten berücksichtigt werden können. Gleichwohl bedürfe es weiterhin der Auflösung des Gegensatzes zwischen Regulierung als Kulturgut und dem Streben nach Liberalisierung der bisher dienenden Verbreitungswege als Wirtschaftsgut, so VPRT-Vizepräsident Tobias Schmid.

Positiv bewertete Pfaffenberg hingegen die Tatsache, dass Brüssel die Trennung von Netzen und Diensteangeboten nicht mehr eigentumsrechtlich, sondern nur noch in organisatorischer Hinsicht anstrebe. Demgegenüber sind sich die FDP-Politiker Gudrun Kopp und Hans-Joachim Otto in seltener Eintracht mit SPD-Mann Dörmann einig, dass eine solche Trennung angesichts kontinuierlich sinkender Preise im TK-Sektor und der steigenden Verbreitung von Breitbandanschlüssen für den Wettbewerb eher kontraproduktiv seien: »Insofern richten die Vorschläge von Frau Reding mehr Schaden als Nutzen an«, so Dörmann.

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