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31.07.2003; 16:10 Uhr
EuGH setzt klare Kriterien zur Arbeitsweise öffentlicher Unternehmen fest
VPRT sieht durch Urteil Forderung nach Wirtschaftlichkeit und Effizienz der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bestätigt

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 24.7.2003 durch Urteil (Az.: C-280/00) über die Zulässigkeit staatlicher Beihilfeleistungen im öffentlichen Nahverkehr entschieden. Die hierbei durch die Richter aufgestellten Kriterien zur Beurteilung der Arbeitsweise öffentlicher Unternehmen sind nach Ansicht des Verbands privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT) auch auf öffentlich-rechtliche Rundfunkunternehmen anwendbar. Das geht aus einer Pressemitteilung des Verbands vom 31.7.2003 hervor. Rundfunkgebühren könnten nach dem Urteil nur unter bestimmten Voraussetzungen als Ausgleich für Leistungen angesehen werden, die ARD und ZDF zu erbringen hätten, um ihren Funktionsauftrag zu erfüllen. »Das Urteil wird sich als Meilenstein für die Bewertung der Arbeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland erweisen. An die Berechnung der Kosten zur Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen wird künftig der Maßstab eines durchschnittlich effektiv wirtschaftenden privaten Unternehmens anzulegen sein. Wir sehen uns mit unseren Forderungen bestätigt«, äußerte sich VPRT-Präsident Jürgen Doetz zu der Entscheidung.

Im Fall ging es um die Frage, ob es sich bei dem einem öffentlichen Verkehrsunternehmen aufgrund staatlich auferlegter gemeinwirtschaftlicher Pflichten gewährten Finanzausgleich um eine staatliche Beihilfe im Sinne des EG-Vertrags handelt. Die Richter machten das Vorliegen einer solchen staatlichen Beihilfe von vier Bedingungen abhängig. Das Unternehmen müsse tatsächlich mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut sein, und diese Verpflichtungen müssten klar definiert sein. Die Parameter, für die Erstellung der Berechnungsgrundlage des Ausgleichs müssten zuvor objektiv und transparent festgelegt werden. Weiter dürfe der Ausgleich nicht über die Kosten für die gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen hinausgehen. Letztlich müsste die Auswahl des Unternehmens im Rahmen eines öffentlichen Auftragverfahrens erfolgen. Sei dies nicht der Fall, so müsse sich nach Auffassung der Richter der Finanzausgleichs nach den Kosten eines durchschnittlichen Verkehrsunternehmens richten. Beim Vorliegen dieser Voraussetzungen könne ein finanzieller Vorteil des Unternehmens ausgeschlossen werden, der eine günstigere Wettbewerbsstellung gegenüber wettbewerbenden Unternehmen und somit das Nichtvorliegen einer staatlichen Beihilfe zur Folge hätte. Der VPRT sieht das Kriterium der klaren Auftragsdefinition und das Transparenzgebot bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nicht als erfüllt an. Dies zeige der Verkauf der Übertragungsrechte für die Fußball-Bundesliga 2003/2004. Durch die weite Fassung des Funktionsauftrags hätten ARD und ZDF ihre auf den Rundfunkgebühren beruhende Marktmacht ausnutzen können. Weiter müssten sich die Öffentlich-Rechtlichen nach dem Urteil einem Vergleich zu entsprechenden Aufwendungen eines privaten Unternehmens aussetzen, dem der Vorteil der Rundfunkgebühren nicht zuteil werde. Laut der Pressemitteilung sieht Jürgen Doetz aufgrund dieses Urteils den in Brüssel anhängigen Beschwerden der privaten Programmveranstalter mit Zuversicht entgegen und hofft, dass es »einen signifikanten Beitrag dazu leisten wird, die Balance im dualen Rundfunksystem wieder herzustellen«.

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