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21.12.2005; 19:51 Uhr
Privatradiosender legt Verfassungsbeschwerde gegen BGH-Hörfunkurteil ein
Radio Hamburg zieht stellvertretend für alle privaten Hörfunksender vor das Bundesverfassungsgericht

Der Privatradiosender Radio Hamburg wird gegen das am 8.11.2005 vom Bundesgerichtshof (BGH) erlassene Urteil (Az. KZR 37/03 - Veröffentlichung in der ZUM folgt) Verfassungsbeschwerde einlegen. Dieses erging im Rechtsstreit des Privatsenders Radio Hamburg stellvertretend für insgesamt 60 Privatsender gegen die Deutsche Fußball-Liga (DFL), den Hamburger Sportverein (HSV) und den FC St. Pauli. Nach der Entscheidung dürfen Fußballvereine von privaten Hörfunksendern Geld für Live-Bundesligaspielberichte verlangen, wenn die Berichterstattung aus den Stadien der Vereine erfolgt. Der BGH bestätigte damit die vorinstanzlichen Entscheidungen des OLG Hamburg vom 12.6.2003 (ZUM 2003, 782 ff.) und des LG Hamburg vom 26.4.2002 (ZUM 2002, 655 ff.). Radio Hamburg hatte geklagt, nachdem die Beklagten Mitarbeitern des Senders in der Saison 2000/2001 den Zutritt zu den Stadien in Hamburg nur gegen Zahlung einer Lizenzgebühr gewähren wollten. Wie die Nachrichtenagentur ddp am 21.12.2005 berichtet, wurde die Entscheidung, gegen das Urteil des BGH Beschwerde in Karlsruhe einzulegen, gemeinsam mit dem Verband Privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT) gefällt. Die Beschwerde müsse bis zum 5.1.2005 eingelegt werden. Zur Zeit werde ein Rechtsgutachten erstellt. Die Privatradiosender sehen sich durch das Urteil in ihrem Recht auf freie Berichterstattung verletzt.

Wie die Vorinstanzen hat der BGH die Klage unter Hinweis auf das aus §§ 858 ff., 1004 BGB abzuleitende Hausrecht der Fußballclubs und der DFL in den Stadien abgewiesen. Das Hausrecht, das den Beklagten als (Mit-)Veranstaltern zustehe, bilde eine ausreichende Grundlage dafür, den Zutritt von Hörfunkveranstaltern von der Entrichtung von Entgelten für die Hörfunkberichterstattung aus dem Stadion abhängig zu machen. Die Zahlung eines über dem regulären Eintrittspreis liegenden Entgelts ist nach Ansicht der Karlsruher Richter gerechtfertigt, da »ein Hörfunkveranstalter den ihm gewährten Zutritt zum Stadion und zu dem dort veranstalteten Spiel intensiver nutzt als ein normaler Zuschauer oder auch Pressevertreter«. Dies verdeutlichten die von Radio Hamburg für seine Radio-Reporter in Anspruch genommenen Leistungen wie die Presseplätze, die Teilnahme an allen Pressekonferenzen, der Zutritt zu den »Mixed-Zonen«, der Arbeitsplatz und die technischen Dienstleistungen.

Damit folgte das Gericht der Argumentation der Beklagten, die ihre Forderung nach einer Vergütung für die Live-Berichterstattung aus Stadien auf ihr Hausrecht stützten. Der Sender dagegen war der Auffassung, Radiosender dürften kostenlos aus den Stadien berichten. Dabei berief er sich auf sein grundgesetzlich geschütztes Recht auf freie Berichterstattung. Die Radioberichte entstünden auf Grund einer schöpferischen Eigenleistung der Reporter und, anders als bei Fernsehübertragungen, nicht durch die bloße Wiedergabe eines tatsächlichen Geschehens. Dem setzten die Richter das Grundrecht auf Berufsfreiheit der Veranstalter entgegen. Müsste der Veranstalter Rundfunkübertragungen von Bundesligaspielen unentgeltlich ermöglichen, wäre ihm ein Teil der wirtschaftlichen Verwertung seiner Leistung genommen.

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