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08.02.2002; 15:04 Uhr
Liberty will bei Übernahme der Kabelnetze keine Zugeständnisse machen
Bericht der Financial Times - "Im Augenblick sind keine Konzessionen geplant"

Das US-Unternehmen Liberty Media will bei der Übernahme von sechs regionalen Kabelgesellschaften der Deutschen Telekom trotz einer Abmahnung des Bundeskartellamts den Wettbewerbshütern keine Zugeständnisse machen. Das meldet die "Financial Times Deutschland" (FTD) am 8.2.2002 unter Berufung auf Firmenkreise. "Im Augenblick sind keine Konzessionen geplant", zitiert die Zeitung einen Liberty Media-Mitarbeiter. Der Einstieg des Unternehmens in den deutschen Kabelmarkt stände damit voraussichtlich vor dem Aus. Die Deutsche Telekom hat allerdings bereits früher angekündigt, ihre Kabelnetze auch bei einem Scheitern der Verhandlungen mit Liberty Media auf jeden Fall abstoßen zu wollen. Der Konzern hat den Erlös aus dem Geschäft fest zur Schuldentilgung eingeplant. Als möglicher Käufer wurde in der Vergangenheit wiederholt die Deutsche Bank genannt. Das Unternehmen ist mit dem Netzbetreiber TeleColumbus bereits im deutschen Kabelmarkt vertreten. Liberty Media hat noch bis zum 15.2.2002 Zeit, sich zu den Bedenken des Bundeskartellamts zu äußern. Die Entscheidung über den Kabelnetzverkauf hat die Behörde für den 28.2.2002 angekündigt.

Das Bundeskartellamt hatte am 31.1.2002 mitgeteilt, dass es die Übernahme der Kabelnetze der Deutschen Telekom durch Liberty Media nach jetzigem Stand der Prüfung untersagen werde. Die Wettbewerbshüter begründeten ihre Abmahnung damit, dass das US-Unternehmen beim Zustandekommen des Geschäftes in Deutschland eine marktbeherrschende Stellung im Endkundenmarkt, Einspeisemarkt und auf dem Signallieferungsmarkt erhalten würde. Das würde zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs in diesen Bereichen führen. Der Präsident der Behörde, Ulf Böge, wies darauf hin, dass es Liberty Media bisher auch nicht gelungen sei, nachzuweisen, dass die nachteiligen Folgen für den Wettbewerb auf den Kabelmärkten durch eine Verbesserung der Wettbewerbsbedingungen auf anderen Märkten aufgewogen würden. Das Bundeskartellamt hatte vor allem darauf gehofft, dass der Einstieg von Liberty Media zu mehr Konkurrenz im Telefonortsnetz führen könnte, wo die Deutsche Telekom bisher noch weitgehend Alleinanbieter ist. Um über die Kabelnetze in Zukunft auch Internetzugänge oder Sprachtelefonie anzubieten, wären aber erhebliche Ausgaben erforderlich, die Liberty Media offenbar scheut. Stattdessen hatte das US-Unternehmen vorübergehend darüber nachgedacht, eine Minderheitsbeteiligung an Kirchs Bezahlfernsehsender Premiere World zu erwerben. Inzwischen hat der Medienkonzern diese Pläne aber wieder aufgegeben.

Liberty Media hat sich Anfang September 2001 mit der Deutschen Telekom über die Übernahme von sechs regionalen Kabelnetze geeinigt. Das US-Medienunternehmen bekäme mit dem Kauf Zugriff auf mehr als zehn Millionen angeschlossene Haushalte, die etwa 40 Prozent des deutschen Kabelmarktes ausmachten. Der vereinbarte Kaufpreis von 5,5 Milliarden Euro (etwa 10,8 Milliarden Mark) wird allerdings nur fällig, wenn das Bundeskartellamt die Übernahme genehmigt. Liberty Media-Chef Malone ist es außerdem gelungen, umfangreiche Ausstiegsklauseln für den Fall durchzusetzen, dass sich die medien- oder wettbewerbsrechtlichen Rahmenbedingungen für das Vorhaben verschlechtern. Falls das Geschäft zustande kommt, will Liberty Media nach eigenen Angaben in den nächsten Jahren jährlich bis zu 1,9 Milliarden Mark (ca. eine Milliarde Euro) in den Ausbau der Kabelnetze und den in den Aufbau neuer Angebote stecken. Dabei sollen in Deutschland rund 10.000 neue Stellen geschaffen werden, unter anderem in München, wo die Deutschland-Zentrale des Unternehmens angesiedelt werden soll. Liberty Media will die Breitbandnetze auf Digitaltechnik umstellen und dort ab Sommer 2002 40 zusätzliche Fernsehprogramme, Internetzugang per Kabel und interaktives Fernsehen anbieten. Ob dabei der digitale Fernsehstandard Multimedia Home Platform (MHP) zum Einsatz kommen wird, ist noch unklar. ARD, ZDF, RTL und die Kirch-Gruppe drängen auf die Verwendung der offenen Schnittstelle, um auch den Zugang von Drittanbietern zu den Kabelnetzen sicherzustellen. Liberty Media möchte aus Kostengründen auf MHP verzichten.

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[IUM/jz]

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