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18.07.2002; 17:49 Uhr
Europäische Kommission setzt weiter auf MHP
Liikanen: Könnte auch verbindlich vorgeschrieben werden - Pleitgen: Erste Angebote im Herbst

Die Europäische Kommission (Kommission) setzt beim Aufbau des digitalen Fernsehens in der Europäischen Union (EU) weiter auf die Multimedia Home Platform (MHP). Das erklärte der für die Entwicklung der Informationsgesellschaft zuständige Kommissar Erkki Liikanen am 17.7.2002 in Brüssel nach einem Gespräch mit dem ARD-Vorsitzenden Fritz Pleitgen (WDR). Liikanen forderte Gerätehersteller und Verwertungswirtschaft auf, die Möglichkeiten zu nutzen, die die offene Schnittstelle biete. Gleichzeitig deutete der Kommissar an, dass Brüssel den digitalen Fernsehstandard auch verbindlich vorschreiben könne, falls sich herausstellen sollte, dass die Märkte der Wahlfreiheit der Verbraucher nicht ausreichend Rechnung tragen würden. Als Zeitpunkt für eine erste Beurteilung dieser Frage nannte Liikanen das Jahr 2004. Der ARD-Vorsitzende Pleitgen versicherte in Brüssel, dass alle großen Programmanbieter in Deutschland nach wie vor auf MHP setzten. Er kündigte an, dass in der Bundesrepublik voraussichtlich bereits "im Herbst" die ersten interaktiven Fernsehangebote auf Grundlage von MHP angeboten würden.

ARD, ZDF, RTL, die Kirchgruppe und die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) haben sich bereits Mitte September 2001 auf MHP als einheitlichen, anbieterunabhängigen Standard für den Aufbau des digitalen Fernsehens in Deutschland geeinigt. Der Einsatz der MHP-Schnittstelle wäre Voraussetzung dafür, dass in Zukunft außer den Netzbetreibern auch andere Unternehmen die Kabelnetze für neue digitale Dienste ohne Einschränkungen nutzen könnten. Vor allem die Landesmedienanstalten drängen deshalb seit längerem darauf, beim Ausbau der Kabelnetze auf MHP zu setzen. Umstritten ist, ob die Anbieter bereits nach geltendem Recht zur Verwendung von MHP verpflichtet sind. Der Mainzer Medienrechtler Dieter Dörr vertritt die Ansicht, dass § 53 des Rundfunkstaatsvertrags (RfStV) bereits jetzt die Verwendung des Standards vorschreibt. Nach dieser Vorschrift müssen die Betreiber von Zugangsdiensten allen Rundfunkveranstaltern chancengleichen, nichtdiskriminierenden Zugang zu angemessenen Bedingungen gewähren. Dieser Zugang ist nach dem RfStV nur dann gegeben, wenn die zur Nutzung der Dienste erforderlichen Dekoder über "zugangsoffene Schnittstellen" verfügen, die dem Stand der Technik und einheitlichen europäischen Standards entsprechen. Nach Dörrs Auffassung ist MHP zur Zeit die einzige europaweit anerkannte Schnittstelle, die diese Anforderungen erfüllt.

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