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18.04.2002; 15:34 Uhr
Nida-Rümelin fordert nach Kirch-Insolvenz Überprüfung der Medienordnung
Staatsminister spricht sich für stärkere Abstimmung der Medienaufsicht der Länder aus

Der Bundesbeauftragte für Kultur und Medien, Julian Nida-Rümelin (SPD), fordert angesichts der Schwierigkeiten der angeschlagenen Münchener Kirch-Gruppe eine grundlegende Überprüfung der deutschen Medienordnung. Die Medienaufsicht der Länder über private Fernsehsender in Zukunft müsse stärker aufeinander abgestimmt werden, meinte der Staatsminister am 17.4.2002 im Bundestag. Außerdem müsse alles getan werden, um die starke Stellung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland zu erhalten. Eine Entwicklung wie in den USA oder auch in Italien müsse unbedingt verhindert werden. Dort hätte das frei empfangbare Fernsehen mittlerweile ein Niveau erreicht, das nachdenklich stimmen müsse. Weiter sprach sich Nida-Rümelin dafür aus, ausländische Kapitalbeteiligungen an deutschen Medienunternehmen zu beschränken. Er verwies darauf, dass entsprechende Regelungen in vielen anderen Ländern selbstverständlich seien. Das Gebot der Staatsferne des Rundfunks dürfe auch nicht durch die Beteiligung ausländischer Politiker an deutschen Medienunternehmen unterlaufen werden, meinte der Bundesbeauftragte.

Die gegenwärtigen Zuständigkeiten im Bereich der Medienaufsicht bezeichnete Nida-Rümelin als "unübersichtlich". Sie erschwerten es in vielen Bereichen, gemeinsam tragfähige Lösungen zu finden. Als Beispiel nannte der Staatsminister den Jugendschutz. Dort habe man viel Mühe gehabt, sich auf Regelungen zu verständigen, die von Bund und Ländern gemeinsam verantwortet werden könnten. Außerdem kritisierte das Kabinettsmitglied, das öffentliche Interesse an Medien- und Meinungsvielfalt und an hinreichender politischer und kultureller Berichterstattung werde durch die Standortkonkurrenz der Bundesländer unterlaufen. Das risikofreudige Verhalten der Kirch-Gruppe beispielsweise sei erst durch entsprechende politische Rahmenbedingungen in Bayern möglich geworden. Eine wirksame Medienaufsicht sei erst dann möglich, wenn die Zuständigkeiten der Länder stärker koordiniert würden. Das gehe hin bis zu einer gemeinsamen Medienaufsicht der Länder, die diese allerdings selbst politisch realisieren müssten.

Mit der KirchMedia KG hat am 8.4.2002 der wichtigste Konzernteil der Kirch-Gruppe wegen Zahlungsunfähigkeit Insolvenz beim Amtsgericht München angemeldet. Die KirchMedia KG beinhaltet mit den Hauptbereichen FreeTV und Rechtehandel das Kerngeschäft der Kirch-Gruppe. Das Unternehmen hält Mehrheitsbeteiligungen unter anderem an der ProSiebenSat.1 Media AG mit den Sendern SAT.1, ProSieben, Kabel1, N24, an DSF, dem Filmrechtehändler Tauruslizenz und den Sportverwertern ISPR und KirchSport. Bei der KirchMedia KG sind rund 6500 der etwa 9500 Mitarbeiter der Kirch-Gruppe beschäftigt. Grund für den Insolvenzantrag waren Schulden der KirchMedia KG von zuletzt rund 1,9 Milliarden Euro. Die Verbindlichkeiten der Kirch-Gruppe insgesamt belaufen sich nach eigenen Angaben auf etwa 6,5 Milliarden Euro. Hauptgläubiger sind die halbstaatliche Bayerische Landesbank, die HypoVereinsbank, die Commerzbank und die DZ-Bank. Die ebenfalls stark verschuldete KirchPayTV KG, die den Sender Premiere World betreibt, stellte im Gegensatz zur KirchMedia KG bisher keinen Insolvenzantrag.

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