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03.02.2009; 15:15 Uhr
BGH: Zweckentfremdung eines Musikstücks als Signalton führt zu einer Beeinträchtigung im Sinne von § 14 UrhG
Urteilsgründe im Fall »Klingeltöne für Mobiltelefone« veröffentlicht

Bereits die bloße Verwendung eines Musikstücks als Klingelton für Mobiltelefone kann eine Beeinträchtigung des Werkes im Sinne von § 14 UrhG darstellen. Auf eine Bearbeitung oder Umgestaltung kommt daher nicht mehr an. Das geht aus der nun veröffentlichten Urteilsbegründung des Bundesgerichtshofs zu »Klingeltönen für Mobilfunktelefone« hervor. Der BGH hatte in seiner Entscheidung vom 18. Dezember 2008 der Klage eines Komponisten stattgegeben, der sich gegen die gekürzte und digital bearbeitete Klingelton-Version seines Musikwerkes »Rock My Life« gewandt hatte (vgl. Meldung vom 18. Dezember 2008; Veröffentlichung in ZUM 2009, Heft 3).

Die Beeinträchtigung des Musikwerkes liegt nach Ansicht der Richter in der Zweckentfremdung als Ruftonmelodie. Dadurch werde das Stück lediglich als - häufig störender - Signalton wahrgenommen und der in der Komposition angelegte Spannungsbogen werde durch Rufannahme zerstört. Des Weiteren sei das Download-Angebot eines zum Klingelton aufbereiteten Musikstückes auch gemäß § 23 Abs. 1 UrhG zustimmungspflichtig.

Diese Zustimmung habe der Urheber durch seine Mitgliedschaft in der Verwertungsgesellschaft GEMA im vorliegenden Fall nicht erteilt, da der GEMA-Berechtigungsvertrag in seiner Fassung von 1996 keine Übertragung der Rechte zur Nutzung eines Musikwerkes als Handy-Klingelton vorsehe, wie der Bundesgerichtshof feststellte. Vielmehr würde eine Lizenzerteilung zur Klingeltonnutzung zweistufig erfolgen: Während der potentielle Lizenznehmer die Aufführungs- und Verwertungsrechte von der Verwertungsgesellschaft erhält, erfolgt die Einräumung des Bearbeitungsrechts durch Urheber bzw. Verlag.

Der Berechtigungsvertrag der GEMA enthält erst in seiner Fassung aus dem Jahr 2002 eine ausdrückliche Regelung zu Klingeltönen. Gemäß § 1 lit. h Abs. 4 UrhG werden auch Rechte zur Nutzung von Musikwerken als Ruftonmelodien eingeräumt. Das umfasst auch die Einwilligung des Urhebers in eine Bearbeitung oder sonstige Umgestaltung, soweit diese üblich und vorhersehbar war, so dass eine zusätzliche Zustimmung nicht notwendig ist (§ 39 UrhG). Bei gewöhnlicher Auswertung eines Musikstücks als Klingelton kann sich der Urheber, der seine Rechte aufgrund des Berechtigungsvertrages der GEMA in der Fassung ab 2002 übertragen hat, somit nicht auf das Änderungsverbot des § 14 UrhG berufen.

In dem vom BGH entschiedenen Fall hatte der Urheber den Berechtigungsvertrag mit der GEMA in einer früheren Fassung abgeschlossen und somit keine Rechte zur Klingtonnutzung eingeräumt. Auch durch die Beschlüsse der Mitgliedersversammlungen in den Jahren 2002 und 2005 wurde der Vertrag nicht nachträglich einseitig geändert, da die entsprechende Vertragsklausel wegen Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam sei. Auch sei in dem unterlassenen Widerspruch des Urhebers zu den Änderung keine Zustimmung zu sehen, so dass der Berechtigungsvertrag in seiner Fassung vor 2002 fortwirke und sich der Komponist auf sein Verbotsrecht gem. § 14 UrhG berufen könne.

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