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11.12.2012; 13:36 Uhr
LG Hamburg entscheidet zum urheberrechtlichen Schutz von Interviewfragen
Und bejaht Urheberrechtsverletzung durch unerlaubte Veröffentlichung eines Fragenkatalogs

Interviewfragen können als Sprachwerke urheberrechtlichen Schutz genießen, wenn sie Spielraum für eine individuelle Gestaltung bieten und somit individuelles Schaffen erfordern. Dies bejahte das Landgericht Hamburg (LG Hamburg) durch einstweilige Verfügung in einem nun veröffentlichten Beschluss (Az.: 308 O 388/12 vom 8. November 2012). Die streitgegenständlichen Fragen weisen nach Ansicht des Gerichts vielfache Möglichkeiten der Formulierung auf und sind aufgrund ihrer prägnanten sprachlichen Gestaltung, ihres inhaltlichen Aufbaus und ihrer individuellen Zusammenstellung urheberrechtlich geschützt. Wie der »Stern« bereits im November berichtete, hatte die FDP ohne Erlaubnis des Nachrichtenmagazins einen von diesem zugesandten Fragenkatalog zu Recherchen über Geschäfte von Tochterunternehmen der FDP auf der Webseite der Partei mit eigenen Antworten veröffentlicht. Diese Veröffentlichung wurde vorgenommen, bevor der »Stern« den Artikel zu seinen Recherchen publik gemacht hatte. Angaben des Magazins zufolge behandelten die Fragen darüber hinaus recherchierte Sachverhalte, über die das Magazin noch nicht berichtet hat. Auf einen entsprechenden Antrag hin hat das LG Hamburg der FDP nun per einstweiliger Verfügung verboten, die Fragen des Magazins zu den Unternehmensgeschäften der FDP auf der Webseite der Partei öffentlich zugänglich zu machen. Eine Rechtfertigung aufgrund der Schrankenregelung zum Zitatrecht gem. § 51 UrhG lehnte das Gericht ab, da es vorliegend an dem Zitatzweck fehle. Die Zusammenstellung, Auswahl und inhaltliche Gestaltung der Fragen werde nicht erörtert oder bewertet und diese seien auch nicht Grundlage einer geistigen Auseinandersetzung. Auch handele es sich nicht um eine Berichterstattung über Tagesereignisse gem. § 50 UrhG. Die Interviewfragen behandelten keine Themen, die im Interesse der Öffentlichkeit eine aktuelle Berichterstattung von der Art erfordern, dass vor der Veröffentlichung aus Zeitgründen die Einholung der Zustimmung des Rechteinhabers nicht mehr möglich wäre. 

Die FDP hat den Fragenkatalog von ihrer Weibseite entfernt.

 

Dokumente:

[IUM/kr]

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