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17.01.2012; 12:31 Uhr
EGMR entscheidet über Verurteilung zur Geldentschädigung wegen Bekanntgabe der Identität eines Verbrechensopfers in Berichterstattung
Keine Verletzung des Rechts auf freie Meinungsäußerung nach Art. 10 EMRK

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) bestätigt mit seinen heutigen Urteilen (Appl. no. 33497/07 und Appl. no. 3401/07) die Entscheidungen österreichischer Gerichte, welche die »Kronen Zeitung« und den »Kurier« zur Zahlung von Geldentschädigungen wegen Preisgabe der Identität eines Verbrechensopfers verurteilt haben. Der EGMR wies die gegen die Urteile der nationalen Gerichte erhobenen Beschwerden der »Kronen Zeitung« und des »Kuriers« ab und stellte fest, dass diese durch die Urteile der nationalen Gerichte nicht in ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung nach Art. 10 EMRK verletzt seien.

Ausgangspunkt dieser Entscheidung war, wie auch Lehofer in seinem Blog berichtet, ein brutaler Fall von Kindesmisshandlung Ende 2003. Vater und Stiefmutter des zum Tatzeitpunkt zehnjährigen Mädchens wurden im Jahr 2005 u.a. wegen schwerem sexuellen Missbrauchs von Unmündigen, vorsätzlicher schwerer Körperverletzung und Freiheitsentziehung verurteilt. Die »Kronen Zeitung« sowie der »Kurier« berichteten damals über den Strafprozess unter Nennung des Vornamens des Opfers und der vollen Namen der mit dem Opfer verwandten Angeklagten. Darin sahen die nationalen Gerichte eine Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs des Opfers nach § 7 Mediengesetz sowie eine strafbare Handlung wegen Bekanntgabe der Identität des Opfers nach § 7 a Mediengesetz und verurteilten die betroffenen Medienunternehmen zu Entschädigungszahlungen von insgesamt über 30.000 Euro.

Der EGMR stellte fest, dass die nationalen Gerichte die widerstreitenden Interessen, nämlich das Recht der Medien zur Information der Öffentlichkeit über eine Angelegenheit des öffentlichen Interesses nach Art. 10 EMRK einerseits und die positive Verpflichtung des Staates zum Schutz des Privatlebens des Opfers nach Art. 8 EMRK andererseits sorgfältig geprüft haben. Nach der erforderlichen Abwägung seien die nationale Gerichte zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass die Medien auch ohne Bekanntgabe der Identität der mit dem Opfer verwandten Angeklagten und damit des Opfers selbst ausreichend detailliert hätten berichten können.

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